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Kuriose Orchidee: Inzucht als Strategie

Eine japanische Orchideenart verzichtet nicht nur auf Fotosynthese, sondern auch auf Fremdbestäubung. Wie der fehlende genetische Austausch entstand – und wohin er führt.
Eine kleine Pflanze mit einem dünnen, hellen Stängel und zwei dunklen, länglichen Knospen an der Spitze wächst aus dem Waldboden. Umgeben von braunen, verwelkten Blättern und einem grünen Blatt im Hintergrund. Die Umgebung ist unscharf, was auf einen Wald oder einen natürlichen Lebensraum hindeutet.

Orchidee betreibt konsequent Inzucht

2016 entdeckte Kenji Suetsugu von der Universität Kōbe eine japanische Orchidee, die gleich in doppelter Hinsicht ungewöhnlich ist: Zum einen betreibt Gastrodia kuroshimensis keine Fotosynthese, sondern ernährt sich vollständig mit Hilfe eines Pilzgeflechts. Zum anderen bleiben all ihre Blüten stets komplett geschlossen (»kleistogam«), so dass sie zur Vermehrung auf Selbstbestäubung angewiesen ist.

Eine detaillierte genetische Analyse deutet nun auf den Grund für dieses ebenso seltene wie seltsame Verhalten hin: Die Orchideenart entstand wohl erst vor einigen Jahrtausenden und stammt von einer anderen Spezies ab, die zwar fremdbestäubt wird, aber extrem wenig genetische Unterschiede zwischen einzelnen Individuen aufweist.

Fremdbestäubung erhöht durch den genetischen Austausch normalerweise die Robustheit. Ähnelt sich das Erbgut der Individuen sehr stark, fällt dieser evolutionäre Nutzen weg. Bei G. kuroshimensis überwog daher offenbar der Vorteil der Selbstbestäubung: eine höhere Samenproduktion. Entsprechend setzte sich vor vermutlich weniger als 2000 Jahren bei dieser Art die vollständige Kleistogamie durch, wie die genetischen Daten zeigen.

Allerdings könnte der Spezies durch die konsequente Inzucht nur ein kurzes Gastspiel auf der Erde gegönnt sein. Durch den fehlenden genetischen Austausch dürften sich schädliche Mutationen anhäufen und nach einer gewissen Zeit zu ihrem Aussterben führen.

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