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Neunaugen: Saugen, Säure, Sex und Mahlzeit

Aus evolutionärer Sicht gelten die Neunaugen als »lebende Fossilien«. Die fischähnlichen Tiere sind auch sonst eher außergewöhnlich.
Fünf Neunaugen

Zahnbewehrte Saugparasiten

Neunaugen – wie diese Exemplare aus den Großen Seen Nordamerikas, rechts das große Meerneunauge (Petromyzon marinus) – klappen beim Fressen keinen Kiefer auf, sondern verlassen sich auf ihre zahnbewehrte Saugscheibe. Damit leben die meisten der aalförmigen Wassertiere als Parasiten: Sie saugen sich an den Flanken von Fischen fest und schaben mit ihren Zahnreihen Schuppen, Fleisch und Blut von den Flossenträgern.

Die Neunaugen sind als »lebende Fossilien« eines der heute ursprünglichsten Wirbeltiere, sie haben sich seit 500 Millionen Jahren kaum verändert. Auf jeder Körperseite öffnen sich neben den tatsächlichen Augen und dem einen Nasenloch sieben Kiemenlöcher. Diese neun »Öffnungen« standen Pate für den Namen Neunauge. Die fischähnlichen Tiere verbringen die erste Phase ihres Lebens jahrelang im Larvenstadium als so genannte Querder, bis sie sich zu den erwachsenen aalartigen Tieren entwickeln. Je nach Art – ob Meer-, Fluss- oder Bachneunauge – dauern die beiden Stadien unterschiedlich lange an. Als Larven verfügen die Neunaugen auch noch nicht über die typische Saugscheibe: Die Querder ernähren sich von Einzellern, die sie aus dem Wasser filtern.

Nicht nur äußerlich unterscheiden sich die Neunaugen in ihren beiden Lebensphasen, auch biochemisch funktionieren sie unterschiedlich. Der Fischbiologe Tyler J. Buchinger von der Michigan State University hat dazu die in der Leber produzierte Gallensäure der Neunaugen untersucht. Die Querder etwa der Art Petromyzon marinus nutzen ihre Gallensäure zur Verdauung, die erwachsenen männlichen Meerneunaugen hingegen als Lockstoff bei der Partnersuche. Denn sobald die Tiere dieser Art laichen, fressen sie nicht mehr. Buchinger hat nun bei den Meerneunaugen und anderen Arten die Zusammensetzung der Gallensäuren analysiert und festgestellt: Je nach Art haben die Neunaugen einen bestimmten Säuremix als Pheromon entwickelt, der auf die Biochemie der weiblichen Tiere abgestimmt ist. Daraus schließt Buchinger, dass bei den Neunaugen die sexuelle Selektion die Evolution der Pheromonproduktion gesteuert hat.

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