Direkt zum Inhalt

Genetik: Gleich und doch verschieden

Drei eng verwandte Schmetterlingsarten leben in demselben Habitat – und vermischen sich nicht. Dahinter steckt ein ausgeklügelter Mechanismus der Natur.
Morpho helenor

Ein Leben in Sympatrie

Schmetterlinge der Gattung Morpho sind für ihre auffälligen, metallisch schimmernden Blau- und Grüntöne bekannt. Ihr Lebensraum ist der Amazonas-Regenwald. Doch anders als der Homo sapiens, der keine anderen Menschenarten neben sich duldet, flattern der Gewöhnliche Blaue Morpho (Morpho helenor), der Achilles-Morpho (Morpho achilles) und der Deidamia-Morpho (Morpho deidamia) durch dieselbe Region. Fachleute sagen auch, die Arten leben in Sympatrie. Frühere Studien haben gezeigt, dass einige Morpho-Männchen sogar von den Flügelmustern anderer ähnlicher Arten angezogen werden, nicht nur von ihren eigenen. Wie also verhindert die Natur, dass die getrennten Spezies wieder zu einer einzigen verschmelzen? Was ist die Fortpflanzungsbarriere, die sie voneinander trennt?

Ein Teil der Antwort könnte im Verhalten der Schmetterlinge liegen. Wenn die Arten zu unterschiedlichen Tageszeiten aktiv sind, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sie auf Exemplare ihrer Schwesterarten treffen, wodurch die reproduktive Isolation aufrechterhalten wird.

In einem Artikel in der Open-Science-Zeitschrift »GigaScience« präsentiert ein Team um Héloïse Bastide vom Institut Diversité Écologie et Évolution du Vivant der Université Paris-Saclay und dem Muséum National d'Histoire Naturelle in Paris nun die ersten vollständigen Genomsequenzen von den drei oben erwähnten Morpho-Schmetterlingsarten. Es verglich die Genome und stellte fest, dass ihr genetischer Aufbau zwar insgesamt sehr ähnlich ist. Zum einen jedoch variiert die Chromosomenzahl – sie reicht von 2n = 54 für M. deidamia bis 2n = 56 für M. achilles und M. helenor. Zum anderen entdeckten die Forscher Inversionen auf dem Geschlechtschromosom Z, die zwischen den Arten unterschiedlich ausgeprägt sind. Das könne darauf hindeuten, so schreiben sie, »dass chromosomale Unterschiede dazu beitragen, dass sie sich nicht mit anderen Arten erfolgreich fortpflanzen können«.

Insgesamt eröffne die Zusammenstellung und die Beschreibung dieser drei Referenzgenome neue Wege, um die Artbildung und Arterhaltung von in Sympatrie lebenden Spezies zu erforschen. Das mache die Morpho-Schmetterlinge zu neuen ökoevolutionären Modellorganismen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.