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»Vampirgrab« aus Polen: Sie ist wieder da

Ihre Bestatter wollten sichergehen, dass sie ihr Grab nie verlässt. Doch dank der Rekonstruktion ihres Gesichts scheint eine junge Frau aus dem 17. Jahrhundert lebendiger denn je.
Eine 3-D-Darstellung eines historischen weiblichen Gesichts, das in einem traditionellen Kleidungsstil mit einem Kopftuch gezeigt wird. Der Hintergrund ist dunkel, wodurch die Details der Kleidung und Gesichtszüge hervorgehoben werden. Die Darstellung vermittelt einen Eindruck von Ernsthaftigkeit und Nachdenklichkeit.

Zosia kehrt zurück

Der blutsaugende Vampir, der des Nachts als Fledermaus herumfliegt und seine Opfer mit spitzen Eckzähnen beißt, ist weitgehend eine literarische Erfindung des 19. Jahrhunderts. Doch an untote Wiedergänger, die ihre Gräber verlassen und Unheil verbreiten, glaubten Menschen durchaus bereits lange vor Dracula & Co. Vor allem in Osteuropa wurden solche in Polen etwa »Upiór« genannten Wesen für Missernten oder Seuchen verantwortlich gemacht.

Bereits vor ihrem Ableben konnten Personen in Verdacht geraten, nach ihrem Tod für Unruhe zu sorgen; entsprechende Sicherheitsvorkehrungen wurden getroffen, wenn es schließlich so weit war. Auf einem Friedhof des polnischen Dorfs Pień entdeckten Archäologen um Dariusz Poliński von der Nikolaus-Kopernikus-Universität in Torun im Jahr 2022 das Grab einer jungen Frau, an deren linkem großem Zeh sich ein Vorhängeschloss befand. Über ihrem Hals lag eine Sichel.

Eine nähere Betrachtung ihrer Wirbelsäule ergab, dass Zosia – wie die Ausgräber die Tote tauften – vermutlich unter häufigen Kopfschmerzen und Ohnmachtsanfällen litt. Möglicherweise nahmen ihre Mitmenschen die knapp 20-jährige Frau, die laut DNA-Analyse wahrscheinlich aus Südskandinavien stammte und im Zuge des Dreißigjährigen Kriegs ins heutige Polen gekommen sein könnte, als andersartig wahr. Vielleicht fürchteten sie eine späte Rache für schlechte Behandlung. Dass sie – ihrer teuren Haube nach zu urteilen – aus einer wohlhabenden Familie entstammte, scheint sie vor den Verdächtigungen jedenfalls nicht gefeit zu haben.

Allen Vorkehrungen zum Trotz kehrte sie Ende 2024 tatsächlich ins Leben zurück, wenn auch anders als erwartet: Der schwedische Bildhauer und Rekonstruktionsspezialist Oscar Nilsson fertigte eine Nachbildung ihres Gesichts an und gab dem Monster Menschlichkeit zurück. Dafür druckte er eine Kopie des Schädels in 3-D und brachte das Muskelgewebe mit einem weichen Material auf. Schließlich ergänzte er Hautschichten und Augäpfel, überzog den Kopf mit Silikon und fügte Details wie Pigmente, Augenlider und -brauen hinzu.

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