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Wandmalerei: Pompejanische Pizza oder einfach nur Brot?

Flach und belegt – das kann nur eine Pizza sein, selbst wenn sie auf einer zirka 2000 Jahre alten Wandmalerei zu sehen ist. Doch der Fund aus Pompeji zeigt sicher etwas anderes.
Wandbild mit Stillleben in Pompeji.

Stillleben in der römischen Kunst

Bei Grabungen in Pompeji haben Archäologen eine bemalte Hauswand frei gelegt und darauf abgebildet ein Stillleben – angeblich mit etwas, das einer Pizza verblüffend ähnlich sieht. »Ist das die erste Pizza der Menschheit?«, titelte dazu der »Spiegel«, die »Tagesschau« schrieb: »Fresko könnte Vorläufer der Pizza zeigen«. Doch die Darstellung, die im Jahr 79 n. Chr. verschüttet wurde, hat sicher nichts mit dem italienischen Ofengebäck gemeinsam. Zumal weder Käse noch Tomaten darauf liegen und zweiteres erst in der frühen Neuzeit aus Mittel- und Südamerika nach Europa kam. Das Bild zeigt vielmehr laut den Ausgräbern des Archäologischen Parks von Pompeji ein Ensemble aus Früchten, Wein und Brot, das womöglich an Vorstellungen der Römer und Themen aus der antiken Literatur anknüpfen soll.

Auf der Wandmalerei, die einst das Atrium – den Innenhof – eines pompejanischen Hauses zierte, ist ein metallenes Trinkgefäß auf einem Silbertablett zu sehen. Darauf liegen außerdem Obst, ein Zweig mit gelben Erdbeeren und offenbar ein flaches Brot (die vermeintliche Pizza), auf dem Früchte wie Datteln und ein Granatapfel drapiert sind. Wie die Ausgräber berichten, könnten solche Bilder von griechischen Gastgeschenken angeregt worden sein und damit auf Vorstellungen aus hellenistischer Zeit, der Epoche vom späten 4. bis zum 1. Jahrhundert v. Chr., zurückgehen.

Doch warum liegt da ein Fladenbrot mit Obstbelag? Möglicherweise diente das flache Brot als Unterlage für Speisen. Ein solches beschreibt jedenfalls der römische Schriftsteller Vergil in seiner »Aeneis«. Das gesamte Epos erzählt, wie der Held Aeneas nach dem Untergang Trojas auf die Italienische Halbinsel kam und so zum Stammvater der Römer wurde. Die römische »Pizza« könnte demnach auf eine Speise anspielen, die bei der mythischen Gründung Roms von Bedeutung war.

Im Bild sollte wohl auch ein Kontrast entstehen, erklärt der Leiter des Archäologischen Parks Gabriel Zuchtriegel in einer Pressemitteilung. Eine bescheidene Mahlzeit, die nach römischer Vorstellung eine ländlich-rustikale und zugleich sakrale Sphäre erzeuge, bilde einen Gegensatz zum luxuriösen Geschirr, dem fein gemalten Bild und der literarischen Tradition. »Wie könnte man in diesem Zusammenhang nicht an die Pizza denken, die ebenfalls als ›armes‹ Gericht in Süditalien entstanden ist und heute die Welt erobert hat und auch in Sternerestaurants serviert wird«, fährt der Archäologe fort. Zuchtriegels Hinweis könnte Anlass gegeben haben, in dem Bild einen Vorläufer der Pizza zu erkennen. Das dem wohl nicht so ist, fiel auch dem »Spiegel« auf, der inzwischen eine weitere Meldung zur pompejanischen Pizza veröffentlichte.

Das neu entdeckte Stillleben ist jedenfalls kein Einzelstück. Ungefähr 300 solcher Darstellungen sind aus den antiken Städten unterhalb des Vesuvs bekannt. Seit dem 18. Jahrhundert finden dort Grabungen statt. Im Jahr 79 n. Chr. war der Vesuv ausgebrochen, Asche und Bimsgestein legten sich meterdick auf die Ebene unterhalb des Vulkans und verschütteten die Städte Pompeji, Herculaneum, Stabiae und Oplontis.

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