Heimliche Jäger: Wie Schneeleoparden trotz geringer Genvielfalt überleben

Schneeleopard in Ladakh
Schneeleoparden (Panthera uncia) streifen in den entlegenen Gebirgsregionen Zentralasiens umher und entgehen meist den Blicken neugieriger Menschen. Ihre Populationsgröße ist überschaubar: Schätzungsweise 4500 bis 7500 Exemplare leben in den ariden Hochgebirgen, die sich auf insgesamt zwölf Länder erstrecken – darunter Indien, Russland und Nepal. (Das Exemplar im Bild wurde in der nordindischen Region Ladakh fotografiert.) Doch nicht nur ihre Zahl ist gering, sondern auch ihre genetische Vielfalt, wie Fachleute um die Biologin Katherine Solari von der Stanford University herausgefunden haben. In der Fachzeitschrift »PNAS« schreiben die Forscher, dass die Tiere diesen scheinbaren Nachteil jedoch bislang erstaunlich gut kompensiert haben. Veränderungen, vor allem bedingt durch den menschengemachten Klimawandel, könnten den Bestand der Großkatzen aber gefährden.
Solari und ihre Kollegen analysierten Blut- und Gewebeproben von 37 Schneeleoparden und sequenzierten deren Erbgut. Auffällig ist laut Solari und Co., dass die Tiere unter allen bekannten Großkatzen die geringste genetische Vielfalt aufweisen. Dies hänge mit der geringen Größe der Population zusammen, die vermutlich schon seit Langem durchweg klein geblieben ist. Eine kürzliche Zunahme von Inzuchtpaarungen scheint jedenfalls nicht für die geringe genetische Diversität verantwortlich zu sein: Dann müssten im Erbgut der Schneeleoparden mehr homozygote Genvarianten stecken als in den Gendaten angezeigt. Tiere mit schädlichen Erbanlagen hätten sich womöglich kaum fortpflanzen können, weshalb die Population trotz ihrer geringen Größe erhalten blieb, so die Fachleute. Dieser Mechanismus habe bislang das Überleben der Spezies garantiert.
Die Art sei inzwischen jedoch gefährdeter denn je. »Da ihr Lebensraum so unwirtlich ist, hatte das Bevölkerungswachstum der Menschheit bisher kaum Auswirkungen auf die Schneeleoparden – aber der Klimawandel wird es haben«, sagt Koautor Dimitri Petrov von der Stanford University in einer Pressemitteilung.
Eine Studie, die im April 2025 im Journal »Genome Biology« erschienen ist, hat sich ebenfalls mit dem Genom der Großkatzen befasst. Forscherinnen und Forscher um Lin Yang von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking hatten das Erbgut dutzender Schneeleoparden entschlüsselt und waren zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen wie Solari und ihr Team.
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