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Wiederentdeckt: Europas seltenste Orchidee

Platanthera azorica

Platanthera azorica

Die Azoren-Waldhyazinthe (Platanthera azorica) könnte die seltenste Orchideenart Europas sein. Auf jeden Fall hat sie eine kuriose Geschichte: Die Botaniker Richard Bateman, Mónica Moura und Paula Rudall haben sie bei einer flächendeckenden phänotypischen Studie über Artbildung bei Pflanzen auf den Azoren wiederentdeckt – 173 Jahre, nachdem sie erstmals beschrieben wurde. Bateman und seine Kolleginnen hatten mit höchstens zwei verschiedenen Platanthera-Arten auf der Inselgruppe gerechnet. Die Azoren liegen 1600 Kilometer vom Festland entfernt, daher war eine stark eingeschränkte Vielfalt an Orchideen nur zu erwarten. Die Forscher fragten sich sogar schon, ob es überhaupt zwei Spezies der Gattung auf dem Archipel geben könne. Die überraschende Antwort lautete: Nein, neben P. pollostanantha und P. micrantha gibt sogar eine dritte. In den Lorbeerwäldern hoch in den abgelegenen Vulkankratern der Insel São Jorge entdeckte Mónica Moura eine Population von Waldhyazinthen, die keiner der beiden anderen Arten zugeordnet werden konnte.

Mouras Entdeckung ist jedoch keine neue Spezies: Der deutsche Forscher Christian Ferdinand Hochstetter hatte schon 1838 ein Exemplar von P. azorica ins Herbarium der Universität Tübingen gebracht. 1844, sechs Jahre nach seiner Azorenexpedition, veröffentlichte er eine Zeichnung der Orchideenpflanze, doch weder er noch seine Zeitgenossen erkannten sie als eigenständige Art. Später verwechselten Botaniker die Pflanze durchgehend mit ihren weniger seltenen Verwandten, bis Richard Bateman die alte Publikation mit den neuen Daten verglich. Für ihn steht fest: "Diese außergewöhnliche Art hat 173 Jahre unerkannt vor sich hingedämmert."

Die Entdecker wollen nun, dass P. azorica schnellstmöglich unter Schutz gestellt wird, denn bisher sind nur Exemplare aus der Population von São Jorge bekannt. Immerhin: Christian Ferdinand Hochstetter hat seinerzeit nur sechs der neun Azoreninseln besucht. São Jorge war nicht dabei. Es könnte also sein, dass sich noch weitere Populationen der Art in anderen Kratern finden.

PeerJ, 10.7717/peerj.218, 2013

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