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Wurmstichige "Beeren"

Ameise mit Parasitenbefall

Als Stephen Yanoviak von der Universität von Oklahoma in Norman im Laubdach des panamaischen Regenwaldes Ameisen mit leuchtend rotem Hinterteil fand, glaubte er zuerst, eine neue Art entdeckt zu haben. Bei einem Blick in das signalfarbene Hinterteil des Insekts entpuppte sich dieses allerdings als Heimat eines bisher unbekannten und äußerst geschickten Parasiten: Myrmeconema neotropicum. Dieser kleine Fadenwurm verwandelt den schwarzen Hinterleib in eine attraktive rote Beere – und macht möglicherweise seinen sonst ungenießbaren Wirt für Vögel interessant.

Wie die Wissenschaftler vermuten, dient die Täuschung des Nematoden nur einem einzigen Zweck: der Verbreitung. Frisst der Vogel die vermeintliche "Beere", passieren die Wurmeier den Verdauungstrakt und werden mit dem Kot wieder ins Freie abgegeben. Da Ameisen häufig Kerne und Samen aus den Vogelexkrementen als Nahrung für ihre Larven verwenden, gelangt das Wurmgelege in den Darm des Ameisennachwuchses. Dort schlüpfen die jungen Myrmeconema, wandern in das Hinterteil der Ameise und zeugen dort fleißig Parasiten-Nachkommen. Nachdem die Weibchen die Eier abgelegt haben, reifen diese zusammen mit der Larve heran. Wenn das erwachsene Insekt später zur Nahrungssuche das Nest verlässt, streckt es bereits ein leuchtend rotes Hinterteil in die Höhe – gefüllt mit reifen Wurmeiern.

Obwohl Yanoviak und sein Team noch nicht beobachten konnten, wie ein Vogel einen roten Ameisen-Hinterleib "pflückt", halten sie es dennoch für möglich, dass sich vor allem kleine Vögel wie die Zuckervögel (Coereba flaveola) von dem Parasit täuschen lassen. Für seinen Kollegen Robert Dudley ist die Entdeckung auch ein gutes Beispiel für komplexe Wirt-Parasit-Beziehungen, die durch Koevolution entstanden sind. Dass es sich dabei um kein seltenes Phänomen handelte, stellten die Forscher bei ihren Untersuchungen in Peru und Panama fest: Fast fünf Prozent der Ameisen-Arbeiter waren mit dem Parasiten infiziert.

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