Der Cappenberger Kopf | … gilt unter Kunsthistorikern als Bildnis des Stauferkaisers Friedrich I. Barbarossa (1122–1189). Das vergoldete Bronzehaupt stützen drei kniende Engel, die von einer Zinnenmauer mit Türmen umgeben sind – eine mittelalterliche Bildformel für das in der Offenbarung beschriebene Himmlische Jerusalem. 1171 vermachte Propst Otto von Cappenberg, Onkel und Taufpate Barbarossas, die Plastik seinem Kloster. Im Lauf der Jahrhunderte füllte man das hohle Bildnis mit Reliquien, worauf auch der Schriftzug auf dem Halstuch hindeutet: "Was hier bewahrt wird, ist vom Haar des (Apostel) Johannes."
Die vergoldete Silberstatuette der Heiligen Agnes ... | ... diente ebenfalls als Reliquienbehälter. Der Kleriker und Humanist Rudolf von Langen (1438–1519) ließ die zirka 50 Zentimeter hohe Figur im frühen 16. Jahrhundert anfertigen und schenkte sie dem Dom von Münster. Seit dem 4. Jahrhundert wird Agnes von Rom als Märtyrerin verehrt. Mit der Begründung, dass Jesus ihr Verlobter sei, weigerte sie sich, den Sohn des Stadtpräfekten zu heiraten. Als dieser versucht, Agnes zu vergewaltigen, wird er mit dem Tod bestraft. Doch die Römerin ruft ihn durch ein Gebet ins Leben zurück. Dafür der Hexerei bezichtigt, endet sie auf dem Scheiterhaufen - aber Agnes bleibt wundersam von den Flammen unversehrt und wird am Ende erstochen.
Bischof Erpho von Münster ... | ... ließ mehrere Kirchen sowie den Dom der Stadt neu erbauen. Um 1090 stiftete er dieses mit Edelsteinen besetzte Kreuz, das im Kern aus Eichenholz besteht, der St.-Mauritz-Kirche. Noch im selben Jahr ging er auf Wallfahrt nach Jerusalem und brachte von dort mehrere Reliquien mit. Womöglich befinden sich diese Überreste von Heiligen noch heute im Inneren des Kreuzes.
Die Bischöfe von Minden ... | ... trugen seit 1487 eine besonders prächtige Schnalle an ihren liturgischen Gewändern. Die Chormantelschließe aus vergoldetem Silber zieren spätgotische Nischen überdacht von Baldachinen, in deren Mitte Petrus thront. Neben ihm stehen die beiden gewappneten Märtyrer Gorgonius und Mauritius. Letzterer stützt sich auf seine Fahnenlanze. Unter dem Apostel kniet der Stifter der Mantelschließe: Albert von Leteln, Kanoniker der Mindener Kirche, wie eine Inschrift auf der Rückseite verrät. Sie nennt auch den beauftragten Goldschmied, Reineke van dem Dresche.
Der Prudentia-Schrein ... | ... ist ein beeindruckendes Beispiel westfälischer Goldschmiedekunst des 13. Jahrhunderts. Die hausförmige Reliquientruhe schufen um 1240 die Osnabrücker Künstler Renfridus, Hermannus und Sifridus. Sie sind ebenso wie die Stifter - die Bürger der Stadt Beckum - in einer lateinischen Inschrift aufgeführt, die über sowie unter den Figuren der zwölf Apostel verläuft. Im Kern besteht das über einen Meter lange Gehäuse aus Eichenholz. Darüber liegt vergoldetes Silberblech, das mit 180 bunten Edelsteinen verziert ist.
Das weltweit älteste Kokosnussreliquiar ... | ... entstand im frühen 13. Jahrhundert. Während des Mittelalters galten Kokosnüsse als seltene und kostbare Objekte. Den außergewöhnlichen Reliquienbehälter hat der Künstler auf einen Standfuß aus Silber montiert. Im Inneren der Nuss liegen nicht weniger als 47 Reliquien, die eine kauernde Tierfigur aus persischem Bergkristall bekrönt. Der deutsche Künstler fügte der fatimidischen Löwenstatuette Siegesfahne und Kreuzsymbol hinzu und gestaltete sie so in eine Darstellung des Lamm Gottes um.
Der Kaiserpokal ... | ... aus dem Ratsschatz von Osnabrück ist Zeugnis für die herausragende Goldschmiedekunst zur Zeit des Spätmittelalters. Im 13. Jahrhundert entwickelte sich die Stadt zu einem bedeutenden Zentrum des Goldhandwerks.
Zum Osnabrücker Ratssilber ... | ... zählen auch diese Pokale. Häufig stifteten solche Gefäße die Bürgermeister - oder reiche Bürger vermachten der Stadt genügend Geld, um einen Becher aus Edelmetall fertigen zu lassen. Verwendung fanden die Preziosen beispielsweise bei der zeremoniellen Einführung eines neuen Stadtrats.
1468 schuf Engelbert Hoffsleger ... | ... diesen Prunkkelch für das Dominikanerkloster in Osnabrück. Der Künstler signierte sein Werk, einen rankenverzierten Kelch, der sich auf einem Stiel in Form einer spätgotischen Architektur erhebt. Auf dem vergoldeten Silbergefäß hat sich auch der Stifter, der Prior des Klosters, darstellen lassen – um so ewig an den kirchlichen Liturgien teilzuhaben.
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Für die Menschen des Mittelalters galt Gold als Inbegriff des Heiligen und Göttlichen. Damit war das Edelmetall bestens dazu geeignet, Frömmigkeit und Ehrfurcht gegenüber Gott zu bekunden – und sich durch die Schenkung von goldenen Preziosen seines Seelenheils zu versichern.
Im Frühmittelalter waren es vor allem Könige und Adelige, die kostbare Heiligenbildnisse, liturgische Geräte oder prächtige Reliquienschreine den Kirchen und Klöstern stifteten. Ab dem 13. Jahrhundert tritt auch ein selbstbewusstes Stadtbürgertum der Stiftergemeinschaft bei. Mit der wertvollen Gabe ging stets die Hoffnung einher, im Jenseits der Hölle zu entgehen. Denn egal ob Papst, König, Ritter oder Bürger – wer sich nicht schon zu Lebzeiten durch Spenden und Stiftungen hervortat, fürchtete, ewig im Fegefeuer zu schmoren.
Mit dem steigenden Bedarf an Edelmetallobjekten entstanden vor allem in Bischofsstädten wie etwa Münster, Paderborn und Osnabrück regelrechte Kunstzentren. Gerade in Westfalen brachten es die mittelalterlichen Goldschmiede zur meisterlicher Kunstfertigkeit. Stolz signierten sie ihre Werke, nannten sich und die Auftraggeber.
Aus Silber, Gold und Edelsteinen schufen die Künstler aufwändig gearbeitete Preziosen, die als zeremonielles Gerät der Liturgie dienten oder die Überreste von Märtyrern und Heiligen aufnehmen sollten. Für ihre Werke ließen sich die Handwerker auch von Stücken aus dem Rheinland oder Frankreich inspirieren und tauschten Ideen mit Bildhauern und Malern aus.
Manches vergoldetes Silbergefäß war indes auch für weltliche Zwecke bestimmt: Stadtobere und reiche Bürger vergrößerten den Ratsschatz durch Schenkungen, um so das Ansehen der Stadt zu steigern oder wichtige Beschlüsse zu bekräftigen.
Goldene Pracht Mittelalterliche Schatzkunst in Westfalen Vom 26. Februar bis zum 28. Mai 2012
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