Kurz vor der Ausstellungseröffnung | … bekommt der Evangelist Matthäus des Bildhauers Ehrgott Bernhard Bendl (um 1660–1738) seinen Platz in der neu eröffneten Schausammlung des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg.
Der Globus | … Martin Behaims wurde 1492 vom Nürnberger Stadtrat in Auftrag gegeben – im selben Jahr also, in dem Christoph Kolumbus das erste Mal die neue Welt betrat. Der gelernte Tuchhändler aus Nürnberg hatte lange in Portugal gelebt, bevor er 1490 in seine Heimatstadt zurückgekehrt war. Bei der kartografischen Gestaltung bezog er sich auf ältere Quellen wie Strabo, Plinius, Ptolemaios und Marco Polo. Mit aktuellem portugiesischem Kartenmaterial trug er insbesondere zur genaueren Darstellung der afrikanischen Westküste bei.
Behaim hatte wie Kolumbus große Erwartungen an die Reisen in den unbekannten Westen, weit über die bekannten Inseln im Atlantik hinaus. Mit seinem Globus sollte auch der mögliche wirtschaftliche Erfolg solcher Unternehmungen verdeutlicht werden. Deshalb wird das Vorkommen von Edelsteinen, Perlen, edlen Hölzern und Gewürzen erwähnt.
Das Schlüsselfelder Schiff | … aus gegossenem, getriebenem und zum großen Teil vergoldetem Silber schmückte zu Anfang des 16. Jahrhunderts die feierlichen Tafeln der Nürnberger Patrizierfamilie Schlüsselfelder. Das fast 80 Zentimeter hohe Modell einer dreimastigen Karacke, eines weit verbreiteten Typs eines Hochseeschiffs seiner Zeit, demonstrierte Status und Reichtum der Eigentümer – mit einem Silbergewicht von immerhin 5,9 Kilogramm kostete es etwa so viel wie ein Stadthaus.
Das Modell ist voller Details: Mit gesetztem Rahsegel steht es kurz vor dem Auslaufen. Matrosen beginnen gerade, die übrigen Segel zu setzen. Viele tragen Rüstung und sind bewaffnet. Friedlicher ist das Personal auf den Decks. Auf dem Achterdeck musizieren Bläser, weiter vorn erscheinen ein Mönch, eine Wäscherin und ein Koch, Zecher und Kartenspieler, ein Narr und ein Liebespaar.
Mit dem Porträt des Michael Wolgemut | … setzte Albrecht Dürer seinem Lehrer ein privates Denkmal. Bei ihm war der Goldschmiedesohn von 1486 bis 1489 in die Malerlehre gegangen. Nach Wolgemuts Tod im Jahr 1519 ergänzte er in der Inschrift dessen Todestag.
Das Porträt ist ein Meisterwerk der genauen Beobachtung. Es dokumentiert Dürers künstlerisches Kredo, dass die Kunst auf intensivem Naturstudium beruhe. Akribisch hielt er die Zeichen des Alters fest: von den geröteten Augenlidern bis zur erschlaffenden Haut. In der Spannung zwischen verfallender Körperkraft und wachem Geist zeigt sich das Bildnis als eines der eindrucksvollsten Werke Dürers.
Auch die Idee zu diesem Drachenleuchter | … stammt von Albrecht Dürer. Denn er war nicht nur ein innovativer Maler, Zeichner und Grafiker. Auch mit seinen Entwürfen für Skulpturen und Medaillons, Glasmalereien und Goldschmiedewerken setzte er neue Maßstäbe.
Angefertigt wurde dieser Leuchter im Jahr 1522 von Veit Stoß, einem der bedeutendsten Bildschnitzer seiner Zeit. Bemerkenswert ist die Verbindung von Kunst und Natur: Er setzte dem geschuppten Untier mit drei grässlichen Hundeköpfen, die an die mythische Höllenbestie Zerberus erinnern, flügelähnliche Geweihstangen eines Rentiers an.
Solche Bettlerzeichen | … mussten Arme und Bedürftige seit dem 16. Jahrhundert vielerorts an ihre Kleidung nähen. Denn als nach der Reformation die Armen nicht mehr von Klöstern unterstützt wurden, kamen die Städte für ihre Versorgung auf. Die Bettlerzeichen erlaubten bedürftigen und arbeitsunfähigen Bürgern das Betteln für den Lebensunterhalt. Zudem erhielten sie Marken, die sie gegen Brot eintauschen konnten.
"Mir flindert um die Stirn | … des Goldes Sonnenschein: Ich Schöne, solt ich nicht ein Erden Sonne seyn." Dieser Vers aus dem 17. Jahrhundert ist Ausdruck des repräsentativen Anspruchs der dem Nürnberger Patriziat vorbehaltenen Haube mit ihren goldenen "Flinderlein".
Der in Makrameetechnik geknüpften Seidenhaube geben goldfarbene Drähte und ein Leinenpolster die voluminöse Grundform. Aus der Oberfläche ragen zahlreiche Stifte, in die tropfenförmige Plättchen aus vergoldetem Kupfer eingehängt sind.
Die Flindern bescherten den Trägerinnen einen auch akustisch wahrnehmbaren Auftritt. Wie bei mittelalterlichen Schellengürteln wurden offenbar Bewegung und Klang als Privileg der Oberschicht empfunden. Während die Goldhauben mit frei hängen-den Flindern nur von Patrizierinnen getragen werden durften, waren Hauben mit angenähten "Plättlein" auch für den dritten Stand zugelassen.
Der Satirikus | … gehört zu 49 Charakterköpfen des Bildhauers Franz Xaver Messerschmidt. Sie entstanden wahrscheinlich in einer Krise, nachdem ihm 1774 wegen "Verwürrung im Kopf" eine Professur verwehrt worden war.
Offenbar ging es Messerschmidt nicht um eine reale Abbildung. Für viele seiner in Blei gegossenen Grimassen würde es uns in Wirklichkeit nämlich schlicht an den nötigen Muskeln fehlen.
Vermutlich wollte er mit der übertriebenen und extrem gegensätzlichen Mimik in der unteren und oberen Gesichtshälfte, nämlich die Kombination von amüsiertem Staunen und angewidertem Erschrecken beim "Satirikus", den Eindruck erwecken, dass sich ausschließende Emotionen miteinander in Einklang zu bringen seien.
Der Erfinder der Phrenologie | … Franz Josef Gall ließ sich von den physiognomischen Studien des Schweizer Gelehrten Johann Caspar Lavater inspirieren: Der in Wien praktizierende Arzt war davon überzeugt, dass man von der Schädelform auf die Leistungs-fähigkeit des Gehirns schließen könne und dass jede Verstandesgabe, jede Charaktereigenschaft und jeder Trieb in bestimmten Hirnarealen ihren Ursprung hätten.
Nachdem seine Wiener Vorlesungen 1801 als gefährlich und atheistisch verboten wurden, zog es Gall übrigens ins liberalere Paris.
Dieser Schädel aus seiner Sammlung gelangte 1903 ins Germanische Nationalmuseum und soll – nach damaliger Bestätigung einer Nachfahrin des Mediziners – das erste und älteste von Gall hergestellte Demonstrationsobjekt für seine Thesen sein: Der menschliche, ohne Unterkiefer erhaltene Schädel weist auf der Kalotte eine Reihe farbig umgrenzter und mit Zahlen bezeichneter Zonen auf.
An dieser Stelle befindet sich eine Bildergalerie, die gedruckt leider nicht dargestellt werden kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Sechs Jahre sind seit seiner Schließung vergangen. Jetzt wird der Galeriebau des Germanischen Nationalmuseums wiedereröffnet – mit rund 1000 Objekten auf gut 2000 Quadratmetern in 33 Räumen. Viele Kunstschätze wurden aufwändig restauriert, etliche lagerten jahrzehntelang in den Archiven des größten kulturgeschichtlichen Museums im deutschsprachigen Raum, und manche werden jetzt zum ersten Mal öffentlich gezeigt.
Neben den Highlights der alles in allem über 1,3 Millionen Objekte des Museums finden sich zahlreiche Stücke, die für sich stehend zunächst ohne großen Wert zu sein scheinen – Alltagsgegenstände etwa oder Handwerkliches. Doch gerade sie sind es, die dem Besucher einen Eindruck von den Umständen jener Zeit geben.
Das unmittelbare Nebeneinander der vielfältigen Materialen – Holz, Metalle, Wachs, Leder, Textilien und anderes – stellte die Restauratoren vor eine schwierige Aufgabe. Vieles wird daher in eigens dafür angefertigten Vitrinen präsentiert, in denen mit großem technischem Aufwand das jeweils optimale Kleinklima geschaffen wird.
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