70 Jahre Kernspaltung
Vor 70 Jahren, im Dezember 1938, wurde am Kaiser-Wilhelm-Institut in Berlin Geschichte geschrieben: Otto Hahn und Fritz Straßmann entdeckten die Kernspaltung, was nicht nur eine physikalische Sensation war, sondern auch weit reichende politische und gesellschaftliche Auswirkungen haben sollte.
Nach der Bestrahlung von Uran mit Neutronen wiesen die Forscher ein Reaktionsprodukt nach, das radioaktiv war und doch in seinen Eigenschaften dem sonst natürlicherweise stabilen Barium ähnelte. Dieses Ergebnis verblüffte in höchstem Maße. Bis dahin galten Atome als unteilbar, und von einem Atomkern waren niemals größere Bruchstücke als Protonen oder Heliumkerne (Alphateilchen) abgespalten worden.
Es schien, als wäre das Uran in bislang unverstandener Weise „zerplatzt“. Nach anfänglichem Zögern entschieden Hahn und Strassmann, ihre Ergebnisse dennoch zu veröffentlichen. Sie reichten ihre Arbeit am 22. Dezember 1938 ein, und der Artikel erschien schon am 6. Januar 1939 in der Zeitschrift „Die Naturwissenschaften“.
Noch im gleichen Monat lieferten Lise Meitner und Otto Frisch die theoretische Erklärung. Sie griffen dabei auf das Tröpfchenmodell des Atomkerns zurück. Darin stellte sich der Urankern als instabiles Gebilde dar, das durch den Beschuss mit Neutronen in Schwingung versetzt wurde und in zwei Teile zerfallen konnte. Die Spaltprodukte stießen sich anschließend elektrisch ab, was Energie frei setzte. Diese Erklärung, die heutigen Modellen schon sehr nahe kommt, erschien am 11. Februar 1939 in der Zeitschrift „Nature“.
Die beiden Berichte lösten eine wahre Flut von Veröffentlichungen aus. Bis zum Dezember 1939 erschienen etwa 100 Artikel zum Thema. Weltweit begannen Physiker, den Prozess der induzierten Kernspaltung zu quantifizieren.
Faszinierend war vor allem die ungeheuer große Energiemenge, die dabei frei wird. Sie liegt im Bereich von 200 Millionen Elektronenvolt (MeV) – eine durchschnittliche exotherme Reaktion in der Chemie produziert gerade einmal 20 eV. Heute wissen wir durch Einsteins Energie-Masse-Äquivalenz, dass die enorme Spaltungsenergie von der Massendifferenz zwischen dem Urankern und seinen Zerfallprodukten herrührt. Die Masse eines Atomkerns ist stets geringer als diejenige der Summe seiner Bausteine (Protonen und Neutronen), weil beim Zusammenschluss dieser Bausteine eine Bindungsenergie frei wird. Sie ist beim Uran mit seinen vielen sich abstoßenden Protonen allerdings viel kleiner als bei den Spaltprodukten. Folglich haben diese zusammen eine deutlich geringere Masse.
Die Kernspaltung hat jedoch auch friedliche Anwendungen gefunden und versorgt uns teilweise mit Strom. Allerdings birgt die Atomkraft ein hohes Risiko. Aus diesem Grund und wegen der radioaktiven Abfallprodukte wird sie heute vielfach abgelehnt.
Sicherlich zu Recht erhielt Otto Hahn für seine Entdeckung 1945 den Nobelpreis für Chemie – gemeinsam mit Lise Meitner und Fritz Straßmann wurde ihm ferner 1966 der Enrico-Fermi-Preis verliehen.
Vera Spillner
Nach der Bestrahlung von Uran mit Neutronen wiesen die Forscher ein Reaktionsprodukt nach, das radioaktiv war und doch in seinen Eigenschaften dem sonst natürlicherweise stabilen Barium ähnelte. Dieses Ergebnis verblüffte in höchstem Maße. Bis dahin galten Atome als unteilbar, und von einem Atomkern waren niemals größere Bruchstücke als Protonen oder Heliumkerne (Alphateilchen) abgespalten worden.
Es schien, als wäre das Uran in bislang unverstandener Weise „zerplatzt“. Nach anfänglichem Zögern entschieden Hahn und Strassmann, ihre Ergebnisse dennoch zu veröffentlichen. Sie reichten ihre Arbeit am 22. Dezember 1938 ein, und der Artikel erschien schon am 6. Januar 1939 in der Zeitschrift „Die Naturwissenschaften“.
Noch im gleichen Monat lieferten Lise Meitner und Otto Frisch die theoretische Erklärung. Sie griffen dabei auf das Tröpfchenmodell des Atomkerns zurück. Darin stellte sich der Urankern als instabiles Gebilde dar, das durch den Beschuss mit Neutronen in Schwingung versetzt wurde und in zwei Teile zerfallen konnte. Die Spaltprodukte stießen sich anschließend elektrisch ab, was Energie frei setzte. Diese Erklärung, die heutigen Modellen schon sehr nahe kommt, erschien am 11. Februar 1939 in der Zeitschrift „Nature“.
Die beiden Berichte lösten eine wahre Flut von Veröffentlichungen aus. Bis zum Dezember 1939 erschienen etwa 100 Artikel zum Thema. Weltweit begannen Physiker, den Prozess der induzierten Kernspaltung zu quantifizieren.
Faszinierend war vor allem die ungeheuer große Energiemenge, die dabei frei wird. Sie liegt im Bereich von 200 Millionen Elektronenvolt (MeV) – eine durchschnittliche exotherme Reaktion in der Chemie produziert gerade einmal 20 eV. Heute wissen wir durch Einsteins Energie-Masse-Äquivalenz, dass die enorme Spaltungsenergie von der Massendifferenz zwischen dem Urankern und seinen Zerfallprodukten herrührt. Die Masse eines Atomkerns ist stets geringer als diejenige der Summe seiner Bausteine (Protonen und Neutronen), weil beim Zusammenschluss dieser Bausteine eine Bindungsenergie frei wird. Sie ist beim Uran mit seinen vielen sich abstoßenden Protonen allerdings viel kleiner als bei den Spaltprodukten. Folglich haben diese zusammen eine deutlich geringere Masse.
Politische und gesellschaftliche Bedeutung erhielt die Kernspaltung mit der Entdeckung der Kettenreaktionen, welche die hohe Energie technisch nutzbar machten. Enrico Fermi baute 1942 in Chicago den ersten funktionsfähigen Reaktor. Von da war es dann nicht mehr weit bis zur Konstruktion der ersten Atombombe. Sie wurde im Juli 1945 in einer Wüste in New Mexico gezündet. Es folgten Hiroshima und Nagasaki. Im kalten Krieg beruhte auf der Atombombe ein Gleichgewicht des Schreckens, und noch heute ist sie eine latente Bedrohung für die Menschheit.
Die Kernspaltung hat jedoch auch friedliche Anwendungen gefunden und versorgt uns teilweise mit Strom. Allerdings birgt die Atomkraft ein hohes Risiko. Aus diesem Grund und wegen der radioaktiven Abfallprodukte wird sie heute vielfach abgelehnt.
Sicherlich zu Recht erhielt Otto Hahn für seine Entdeckung 1945 den Nobelpreis für Chemie – gemeinsam mit Lise Meitner und Fritz Straßmann wurde ihm ferner 1966 der Enrico-Fermi-Preis verliehen.
Vera Spillner
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