AAAS-Jahrestagung: Freier Wille, Lake Powell und Heilen im Cyberspace
Auf der heutigen Tagesordnung stehen so interessante und gegensätzliche Programmpunkte wie "Die Zukunft der Nuklearenergie" und "Die Neurobiologie von Schokolade: Eine Geist verändernde Erfahrung?" Ein bisschen spät dran bekomme ich vom erst genannten Symposium nur noch die Kostenfrage mit. Robert Socolow von der Princeton-Universität stellt die Preise pro Kilowattstunde aus Nuklearenergie denen aus Gas- oder Kohleverbrennung gegenüber. Nuklearenergie ist etwas teurer. Das könnte sich jedoch bald ändern, wenn eine Steuer auf CO2-Ausstoß erhoben würde.
Sind wir für unsere Taten verantwortlich?
Der Energiefrage inzwischen ein bisschen überdrüssig, folge ich nun einem Seminar, das versucht zu klären, ob die neuesten Erkenntnisse der Neurowissenschaft die gesellschaftliche Auffassung von Moral und die juristische von Verantwortung untergraben. Zum Hintergrund: In letzter Zeit unterstützen mehr und mehr Forschungsergebnisse die Theorie des Determinismus, derzufolge es keinen freien Willen gibt.
Freier Wille wäre eine Illusion, um unseren komplexen Organismus funktionstüchtig zu halten. Daher wäre auch niemand im eigentlichen Sinne selbstverantwortlich für sein Handeln. Stattdessen wäre das individuelle Verhalten genetisch und durch Umweltfaktoren festgelegt und vorherbestimmt. Naturgemäß sträubt sich in uns alles dagegen, das so hinzunehmen. Das dürfte wohl selbst bei den Wissenschaftlern so sein, die eigentlich an den Determinismus glauben.
Verständigungsprobleme
Diese Diskussion mit amerikanischen Nicht-Wissenschaftlern – inklusive Juristen – zu führen, sei problematisch, so die telefonisch zugeschaltete letzte Referentin des Symposiums, Cornelia Dean. Die amerikanische Öffentlichkeit schätze Naturwissenschaften zwar hoch, wäre aber zu uninformiert. Sie wüsste kaum etwas über wissenschaftliche Methoden und Beweisführung. Gerade auch den Juristen sei oft unklar, was als wissenschaftlicher Beweis Gültigkeit besitzt. Insbesondere, da die Beweisführung in Wissenschaft und Rechtsprechung von unterschiedlichen Standpunkten ausgeht.
Die anschließende Diskussion mit einem Richter, einem Neuroethiker und einer Neurowissenschaftlerin verläuft höchst interessant und angeregt. Richter und Neuroethiker weisen darauf hin, dass das juristische System schon immer inkonsistent war und Juristen nicht völlig frei von intuitiven Entscheidungen und sozialer Beeinflussung sind. Intuition und gesellschaftlicher Druck forderten Gerechtigkeit, die durch Bestrafung gegeben zu sein scheint.
Ausschlaggebend für die Urteilsfindung scheint zu sein, was sich im Kopf des Angeklagten während eines Vergehens abspielt. Die Beweggründe sind sowohl für Öffentlichkeit als auch für Juristen zur Einschätzung des Schweregrades der Tat von Bedeutung, so der Richter. Juristen kennen diskrete Kategorien der Intentionalität. Im Nachhinein beeinflussen die Einsicht, dass die Tat schlecht war, und demzufolge Reue üblicherweise die Härte der Strafe.
Was ist überhaupt Verantwortung?
Verantwortung könnte redefiniert und ersetzt werden durch Rationalität und die Möglichkeit zur Selbstkontrolle, so die Neurowissenschaftlerin. Es scheint wichtig zu sein, ob theoretisch Möglichkeiten zur Selbstkontrolle bestanden. Nur wo lässt sich da die Grenze ziehen, fragt sie sich. Die Übergänge von schweren pathologischen – und demzufolge klar unkontrollierbaren – Tatumständen zu durch psychische Unausgeglichenheit ausgelösten, gezielten Strafakten sind fließend, macht sie an einem Beispiel klar. Sie spielt aber auch mit einem Scherz darauf an, dass wir ein Konzept von Verantwortung brauchen, auch wenn dies falsch sein mag.
Bei der Diskussion bildet sich ein Konsens darüber, dass Bestrafung – ob nun freier Wille oder nicht, ob irgendeine Art von Kontrollierbarkeit oder nicht – ein sozialer Akt zum Schutz der Gesellschaft und zur Wiederherstellung und Beibehaltung sozialer Ordnung sei sowie dem Gefühl von sozialer Gerechtigkeit diene. Vielleicht sollte aber darüber nachgedacht werden, ob Ordnung und Gerechtigkeit tatsächlich durch Bestrafung am besten wiederhergestellt werden können, kommen Einwände aus dem Publikum.
Der Richter meint dazu, dass die neurowissenschaftliche Diskussion in Hinblick auf das Strafmaß, außer in bestimmten Einzelfällen, demnach wenig Bedeutung hat. Möglicherweise wird die Neurowissenschaft ein größere Rolle dabei spielen, Beweggründe zu verstehen und zu eliminieren oder Gesetzesbrecher zu rehabilitieren als für die Art und Härte von Sanktionen, glaubt er.
Auswirkungen der grüne Revolution auf die Weltmeere
Inzwischen finde ich meine Wege von Symposien im Ballsaalstockwerk des Hilton Hotels zu Seminaren im vierten Stock des Renaissance Parc Hotels zu den Presseräumen im Hotel Nikko und zurück zu Topical Lectures in der Hilton'schen Ballsaaletage schon fast im Schlaf. Jetzt sind die Ozeane dran, beschließe ich, und höre mir einen Vortrag von Marcia McNutt, der Präsidentin des Monterey-Bay-Aquariums, über nachhaltige Ressourcen der Ozeane an.
Sie erzählt, dass die grüne Revolution mit ihrer Überdüngung auch die Ozeane beeinflusst. Durch Flüsse ins Meer gelangte Dünger verursachen starkes Algenwachstum und damit die Eutrophierung ganzer Meeresregionen in Küstennähe. Im Moment gibt es weltweit um die 150 dieser extrem sauerstoffarmen "Todeszonen", in denen alle tierischen Lebewesen absterben, und jährlich kommen neue hinzu. Eine sehr große – mehr als viermal so groß wie in den Jahren zuvor – fand sich 70 Meilen entlang der Küste vor Oregon im Jahr 2006. Sie hielt ganze vier Monate an – doppelt so lange wie sonst.
Auch gab es in den letzten Jahren regelrechte Dinoflagellaten-Plagen. Eine derart starke Vermehrung dieser Einzeller ist in der Bay bisher nur aus einer Ära bekannt, in der durch Freisetzung von Kohlenstoff aus Methanhydrid-Tiefseeablagerungen sich sehr viel CO2 bildete. McNutt wirft die Frage auf, ob dies ein Indikator dafür sein könnte, dass wir uns an einem klimatischen Wendepunkt befinden.
Anschließend stellt sie einige relativ neu entwickelte Geräte zur Meerwasseranalyse und Ozeanbeobachtung vor. Sie betont, für wie wichtig sie es hält, Veränderungen der Meere ganz genau zu beobachten und die Daten übersichtlich und öffentlich zur Verfügung zu stellen. Mit der LOBO Network Datenbank ist dies für die Monterey Bay zu einem kleinen Teil schon realisiert. Anhand solcher Daten könnten dann zum Beispiel Klärwassereinleitungen in Flussmündungen abgestimmt auf die Meerwassernährstofffluktiationen erfolgen.
Ob man die Algen nicht ernten und zur Energieproduktion verwerten könnte, möchte einer wissen. Zu aufwendig und kostspielig – deshalb müssen Sie diese gesunden Algentabletten so teuer in Reformhäusern kaufen, lautet die Antwort.
Autismus teilweise vermeidbar?
Als nächstes führt mich mein Weg zur General Poster Session. Hier ist wesentlich mehr los als bei der Nachwuchsposterpräsentation vor zwei Tagen. Gleich beim ersten Poster bleibe ich hängen. Joseph Conolly, erstaunlicherweise ein Ökonom und dann auch noch Student, erklärt mir ausführlich seine Arbeit über den Zusammenhang von Quecksilber mit Autismus. Dieser steht schon länger zur Debatte. Die größte Aufnahme von Quecksilberspuren erfolgt meistens durch Konsum von Fisch, durch Amalgamzahnfüllungen, Impfungen mit dem quecksilberhaltigen Konservierungsmittel Thimerosal und durch Immunoglobulin-Präparate in der Schwangerschaft bei Rhesusfaktor-Unterschieden von Mutter und Kind.
Lake Powell schwindet
Kurz darauf erstaunt mich ein Poster mit Fotos, auf denen Lake Powell – einer der beiden großen Stauseen des Colorado Rivers – zu sehen oder eher nicht zu sehen ist. Der Stausee ist nämlich nur noch halb voll. Vor gerade einmal knapp über zehn Jahren bin ich auf diesem damals beeindruckenden und randvollen See mit meinen Eltern Boot gefahren. Wasser gab's dort wirklich jede Menge!
David Wegner von Ecosystem Management International erklärt mir, dass das Staudamm-Management im oberen Zuflussbereich des Colorado River falsch laufe. Außerdem schmelze der Schnee im Frühjahr langsamer, aber über einen längeren Zeitraum hinweg, der viel zu früh beginnt. Und sowieso fließt auf Grund der Klimaveränderungen einfach weniger Wasser.
Jetzt plant Wegner zusammen mit Lea Rudee von der Universität von Kalifornien in San Diego, den zweiten großen Stausee flussabwärts gleich bei Las Vegas, das Mead Reservoir, mit dem restlichen Wasser des Lake Powell aufzufüllen. So verkleinere sich die Verdunstungsoberfläche, und die Wasserversorgung von Las Vegas und Los Angeles sei besser abgesichert. Dann wollen sie das Staudamm-Management im oberen Flussbereich reorganisieren. Das sind die Folgen, wenn kurzsichtige Planung und umweltbedingter Klimawandel aufeinander treffen.
Nun aber endlich zum heutigen Seminarthema "virtuelle Welten". Echte Krankheiten heilen im Cyberspace: Skip Rizzo von der Universität von Südkalifornien in Los Angeles zufolge ist das durchaus drin. Mit von seinem Team entworfenen 3D-Welten, in denen man in Glasfahrstühlen an Skyscrapern entlang rasen, Tausenden von Spinnen begegnen oder mit Flugzeug vom Flughafen San Diego fliegen kann.
Die Cyberwelten erlauben es einem, seine Angststörung ohne große Angst zu reduzieren und vielleicht sogar vollständig zu überwinden. Hier wären es – schwer zu erraten – die Angst vorm Fahrstuhlfahren, Arachnophobie und schließlich Flugangst. Etwas ganz besonderes ist Cyber-Irak. In ihm können Soldaten ihr durch schlimme Erlebnisse im Irak-Krieg verursachtes Posttraumatisches Stresssyndrom loswerden: Lost in Cyberspace!
Der im echten Irak-Krieg traumatisierte Soldat durchlebt das gleiche schlimme Ereignis einfach noch ein paarmal im Cyber-Irak, fühlt sich bei jeder Runde etwas mehr unter Kontrolle, bis er schließlich mit der Erinnerung umgehen und diese verarbeiten kann. Wenn doch alles so einfach wäre.
Auch bei der Regeneration von Schlaganfällen kann der Cyberspace nützen. Nach einem Anfall in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkte Patienten dürfen statt stupider Armbeugen in der Rehaklinik in Cyberwelten nach fliegenden Objekten greifen. Sie trainieren so erstens abwechslungsreichere Bewegungsabläufe und zweitens mit wahrscheinlich größerer Motivation und damit auch höherem Erfolg.
Sind wir für unsere Taten verantwortlich?
Der Energiefrage inzwischen ein bisschen überdrüssig, folge ich nun einem Seminar, das versucht zu klären, ob die neuesten Erkenntnisse der Neurowissenschaft die gesellschaftliche Auffassung von Moral und die juristische von Verantwortung untergraben. Zum Hintergrund: In letzter Zeit unterstützen mehr und mehr Forschungsergebnisse die Theorie des Determinismus, derzufolge es keinen freien Willen gibt.
Freier Wille wäre eine Illusion, um unseren komplexen Organismus funktionstüchtig zu halten. Daher wäre auch niemand im eigentlichen Sinne selbstverantwortlich für sein Handeln. Stattdessen wäre das individuelle Verhalten genetisch und durch Umweltfaktoren festgelegt und vorherbestimmt. Naturgemäß sträubt sich in uns alles dagegen, das so hinzunehmen. Das dürfte wohl selbst bei den Wissenschaftlern so sein, die eigentlich an den Determinismus glauben.
Verständigungsprobleme
Diese Diskussion mit amerikanischen Nicht-Wissenschaftlern – inklusive Juristen – zu führen, sei problematisch, so die telefonisch zugeschaltete letzte Referentin des Symposiums, Cornelia Dean. Die amerikanische Öffentlichkeit schätze Naturwissenschaften zwar hoch, wäre aber zu uninformiert. Sie wüsste kaum etwas über wissenschaftliche Methoden und Beweisführung. Gerade auch den Juristen sei oft unklar, was als wissenschaftlicher Beweis Gültigkeit besitzt. Insbesondere, da die Beweisführung in Wissenschaft und Rechtsprechung von unterschiedlichen Standpunkten ausgeht.
Die anschließende Diskussion mit einem Richter, einem Neuroethiker und einer Neurowissenschaftlerin verläuft höchst interessant und angeregt. Richter und Neuroethiker weisen darauf hin, dass das juristische System schon immer inkonsistent war und Juristen nicht völlig frei von intuitiven Entscheidungen und sozialer Beeinflussung sind. Intuition und gesellschaftlicher Druck forderten Gerechtigkeit, die durch Bestrafung gegeben zu sein scheint.
Ausschlaggebend für die Urteilsfindung scheint zu sein, was sich im Kopf des Angeklagten während eines Vergehens abspielt. Die Beweggründe sind sowohl für Öffentlichkeit als auch für Juristen zur Einschätzung des Schweregrades der Tat von Bedeutung, so der Richter. Juristen kennen diskrete Kategorien der Intentionalität. Im Nachhinein beeinflussen die Einsicht, dass die Tat schlecht war, und demzufolge Reue üblicherweise die Härte der Strafe.
Was ist überhaupt Verantwortung?
Verantwortung könnte redefiniert und ersetzt werden durch Rationalität und die Möglichkeit zur Selbstkontrolle, so die Neurowissenschaftlerin. Es scheint wichtig zu sein, ob theoretisch Möglichkeiten zur Selbstkontrolle bestanden. Nur wo lässt sich da die Grenze ziehen, fragt sie sich. Die Übergänge von schweren pathologischen – und demzufolge klar unkontrollierbaren – Tatumständen zu durch psychische Unausgeglichenheit ausgelösten, gezielten Strafakten sind fließend, macht sie an einem Beispiel klar. Sie spielt aber auch mit einem Scherz darauf an, dass wir ein Konzept von Verantwortung brauchen, auch wenn dies falsch sein mag.
Bei der Diskussion bildet sich ein Konsens darüber, dass Bestrafung – ob nun freier Wille oder nicht, ob irgendeine Art von Kontrollierbarkeit oder nicht – ein sozialer Akt zum Schutz der Gesellschaft und zur Wiederherstellung und Beibehaltung sozialer Ordnung sei sowie dem Gefühl von sozialer Gerechtigkeit diene. Vielleicht sollte aber darüber nachgedacht werden, ob Ordnung und Gerechtigkeit tatsächlich durch Bestrafung am besten wiederhergestellt werden können, kommen Einwände aus dem Publikum.
Der Richter meint dazu, dass die neurowissenschaftliche Diskussion in Hinblick auf das Strafmaß, außer in bestimmten Einzelfällen, demnach wenig Bedeutung hat. Möglicherweise wird die Neurowissenschaft ein größere Rolle dabei spielen, Beweggründe zu verstehen und zu eliminieren oder Gesetzesbrecher zu rehabilitieren als für die Art und Härte von Sanktionen, glaubt er.
Auswirkungen der grüne Revolution auf die Weltmeere
Inzwischen finde ich meine Wege von Symposien im Ballsaalstockwerk des Hilton Hotels zu Seminaren im vierten Stock des Renaissance Parc Hotels zu den Presseräumen im Hotel Nikko und zurück zu Topical Lectures in der Hilton'schen Ballsaaletage schon fast im Schlaf. Jetzt sind die Ozeane dran, beschließe ich, und höre mir einen Vortrag von Marcia McNutt, der Präsidentin des Monterey-Bay-Aquariums, über nachhaltige Ressourcen der Ozeane an.
Sie erzählt, dass die grüne Revolution mit ihrer Überdüngung auch die Ozeane beeinflusst. Durch Flüsse ins Meer gelangte Dünger verursachen starkes Algenwachstum und damit die Eutrophierung ganzer Meeresregionen in Küstennähe. Im Moment gibt es weltweit um die 150 dieser extrem sauerstoffarmen "Todeszonen", in denen alle tierischen Lebewesen absterben, und jährlich kommen neue hinzu. Eine sehr große – mehr als viermal so groß wie in den Jahren zuvor – fand sich 70 Meilen entlang der Küste vor Oregon im Jahr 2006. Sie hielt ganze vier Monate an – doppelt so lange wie sonst.
Auch gab es in den letzten Jahren regelrechte Dinoflagellaten-Plagen. Eine derart starke Vermehrung dieser Einzeller ist in der Bay bisher nur aus einer Ära bekannt, in der durch Freisetzung von Kohlenstoff aus Methanhydrid-Tiefseeablagerungen sich sehr viel CO2 bildete. McNutt wirft die Frage auf, ob dies ein Indikator dafür sein könnte, dass wir uns an einem klimatischen Wendepunkt befinden.
Anschließend stellt sie einige relativ neu entwickelte Geräte zur Meerwasseranalyse und Ozeanbeobachtung vor. Sie betont, für wie wichtig sie es hält, Veränderungen der Meere ganz genau zu beobachten und die Daten übersichtlich und öffentlich zur Verfügung zu stellen. Mit der LOBO Network Datenbank ist dies für die Monterey Bay zu einem kleinen Teil schon realisiert. Anhand solcher Daten könnten dann zum Beispiel Klärwassereinleitungen in Flussmündungen abgestimmt auf die Meerwassernährstofffluktiationen erfolgen.
Ob man die Algen nicht ernten und zur Energieproduktion verwerten könnte, möchte einer wissen. Zu aufwendig und kostspielig – deshalb müssen Sie diese gesunden Algentabletten so teuer in Reformhäusern kaufen, lautet die Antwort.
Autismus teilweise vermeidbar?
Als nächstes führt mich mein Weg zur General Poster Session. Hier ist wesentlich mehr los als bei der Nachwuchsposterpräsentation vor zwei Tagen. Gleich beim ersten Poster bleibe ich hängen. Joseph Conolly, erstaunlicherweise ein Ökonom und dann auch noch Student, erklärt mir ausführlich seine Arbeit über den Zusammenhang von Quecksilber mit Autismus. Dieser steht schon länger zur Debatte. Die größte Aufnahme von Quecksilberspuren erfolgt meistens durch Konsum von Fisch, durch Amalgamzahnfüllungen, Impfungen mit dem quecksilberhaltigen Konservierungsmittel Thimerosal und durch Immunoglobulin-Präparate in der Schwangerschaft bei Rhesusfaktor-Unterschieden von Mutter und Kind.
Rund 87 Prozent der Autismusfälle korrelierten mit überdurchschnittlicher Quecksilberaufnahme der Mutter während der Schwangerschaft zusammen mit einer niedrigen Quecksilberausscheidung des Neugeborenen über die Haare, stellte Conolly nach Neuanalyse der schon zu einem früheren Zeitpunkt von Mark Blaxill erhobenen Daten zu Autismus fest. Für die Immunoglobulin-Gabe während der Schwangerschaft war diese Korrelation mit 94 Prozent am höchsten (44 von 47 Kindern). Sind Rhesusfaktor-negative Frauen mit ihrem zweiten Baby schwanger, das Rhesusfaktor-positiv ist – das heißt, es hat ein Blutprotein, welches die Mutter nicht besitzt –, bekommen sie routinemäßig Präparate verabreicht, die den Angriff des mütterlichen Immunsystems auf das Ungeborene und damit Fehl- und Totgeburten verhindert.
Lake Powell schwindet
Kurz darauf erstaunt mich ein Poster mit Fotos, auf denen Lake Powell – einer der beiden großen Stauseen des Colorado Rivers – zu sehen oder eher nicht zu sehen ist. Der Stausee ist nämlich nur noch halb voll. Vor gerade einmal knapp über zehn Jahren bin ich auf diesem damals beeindruckenden und randvollen See mit meinen Eltern Boot gefahren. Wasser gab's dort wirklich jede Menge!
David Wegner von Ecosystem Management International erklärt mir, dass das Staudamm-Management im oberen Zuflussbereich des Colorado River falsch laufe. Außerdem schmelze der Schnee im Frühjahr langsamer, aber über einen längeren Zeitraum hinweg, der viel zu früh beginnt. Und sowieso fließt auf Grund der Klimaveränderungen einfach weniger Wasser.
Jetzt plant Wegner zusammen mit Lea Rudee von der Universität von Kalifornien in San Diego, den zweiten großen Stausee flussabwärts gleich bei Las Vegas, das Mead Reservoir, mit dem restlichen Wasser des Lake Powell aufzufüllen. So verkleinere sich die Verdunstungsoberfläche, und die Wasserversorgung von Las Vegas und Los Angeles sei besser abgesichert. Dann wollen sie das Staudamm-Management im oberen Flussbereich reorganisieren. Das sind die Folgen, wenn kurzsichtige Planung und umweltbedingter Klimawandel aufeinander treffen.
Gesund durch den Cyberspace
Nun aber endlich zum heutigen Seminarthema "virtuelle Welten". Echte Krankheiten heilen im Cyberspace: Skip Rizzo von der Universität von Südkalifornien in Los Angeles zufolge ist das durchaus drin. Mit von seinem Team entworfenen 3D-Welten, in denen man in Glasfahrstühlen an Skyscrapern entlang rasen, Tausenden von Spinnen begegnen oder mit Flugzeug vom Flughafen San Diego fliegen kann.
Die Cyberwelten erlauben es einem, seine Angststörung ohne große Angst zu reduzieren und vielleicht sogar vollständig zu überwinden. Hier wären es – schwer zu erraten – die Angst vorm Fahrstuhlfahren, Arachnophobie und schließlich Flugangst. Etwas ganz besonderes ist Cyber-Irak. In ihm können Soldaten ihr durch schlimme Erlebnisse im Irak-Krieg verursachtes Posttraumatisches Stresssyndrom loswerden: Lost in Cyberspace!
Der im echten Irak-Krieg traumatisierte Soldat durchlebt das gleiche schlimme Ereignis einfach noch ein paarmal im Cyber-Irak, fühlt sich bei jeder Runde etwas mehr unter Kontrolle, bis er schließlich mit der Erinnerung umgehen und diese verarbeiten kann. Wenn doch alles so einfach wäre.
Auch bei der Regeneration von Schlaganfällen kann der Cyberspace nützen. Nach einem Anfall in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkte Patienten dürfen statt stupider Armbeugen in der Rehaklinik in Cyberwelten nach fliegenden Objekten greifen. Sie trainieren so erstens abwechslungsreichere Bewegungsabläufe und zweitens mit wahrscheinlich größerer Motivation und damit auch höherem Erfolg.
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