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Betreff: Fady

Madagaskar-Höhlenweihe
An einem Sonntag hallen zahlreiche christliche Lieder von diversen Open-Air-Gottesdiensten durch Morondava, allerdings sind gleichzeitig der Glaube an Naturgottheiten und Totenkulte weit verbreitet. Besonders dem Einfluss verstorbener Vorfahren (razana) wird viel Bedeutung beigemessen. Der Glaube an "razana" offenbart sich dabei vor allem im Prinzip des "fady".

Schweißbienchen-Attacke | Ständig umschwärmt: Jipa
Fady lässt sich am ehesten mit "Tabu" übersetzen. Oft besteht ein ganzes Netz von tabuisierten Handlungen oder Orten, das das Leben einer madagassischen Dorfgemeinschaft oder Familie beeinflusst. Die Tabus sind regional individuell und können alle möglichen Bereiche umfassen. Beispielsweise ist es bei den Merina – dem um Tana beheimateten Stamm, der lange Zeit das mächtigste Königreich der Insel stellte und dessen Angehörige vor allem polynesische Züge aufweisen – untersagt, gleichzeitig zu essen und zu singen, bestimmte Gegenstände mit der linken Hand aufzuheben oder einen Verstorbenen an einem Dienstag zu beerdigen.

Madagaskar-Höhlenweihe | Die Madagaskar-Höhlenweihe gehört auch zu den Endemiten Madagaskars. Neben Insekten fressen sie auch junge Vögel, Eier und Reptilien. Selbst junge Lemuren fallen ihnen gelegentlich zum Opfer – weshalb viele Gruppen mit Alarmrufen reagieren.
Fady soll die Menschen nicht einschränken oder unterdrücken, sondern geht auf die Erfahrungen früherer Zeiten zurück, die in den Tabus weiter gegeben werden. Ein Beispiel: Im 18. Jahrhundert überfielen Piraten die Dörfer an der madagassischen Ostküste. Einmal flohen die Bewohner eines Dorfes in den Wald, doch dann verriet ein schreiendes Baby ihr Versteck. Als die Piraten gegen den Unterschlupf vorrückten, schrie ein Drongo (Dicrurus forficatus) – ein schwarzer Vogel – ähnlich wie das Baby. Die Seeräuber schrieben auch den vorherigen Laut dem Tier zu und zogen ab. Seitdem ist es "fady", im Umkreis des Dorfes einen Drongo zu töten. Manchmal zeigt dieselbe Art auch hier ihre Imitationskünste, indem sie den Piepton der Telemetriesender nachahmt – zum Leidwesen der Beobachter.

Fady gibt es auch in Kirindy: Ein großes Waldstück nördlich der Conoco ist nicht von Pfaden durchzogen und soll nicht betreten werden. Als ich bei den Feldassistenten nach dem Hintergrund dafür frage, geht ein Lächeln über ihre Gesichter. Man könne den Lemuren beim Beobachten ruhig in den Wald folgen, das Tabu soll hauptsächlich Touristen abhalten, da das C.F.P.F. zusammen mit dem Missouri Botanical Garden in dem Gebiet ein Langzeitprojekt mit markierten Bäumen durchführe. Ein eher pragmatisches fady.
Köchin Fanza rupft Hühner in der Campküche

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