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Ein bisschen Nürnberg in Antalya

Im Touristenbunker Antalya habe ich für einige Tage Zwischenstation bei meiner Südküstenreise gemacht. Erstens liegt es ganz verkehrgünstig zu etlichen Fundstätten, zweitens hat man nur in größeren Städten mit Universitäten etc. eine reelle Chance auf eine deutsche Zeitung, und drittens musste ich mal meine Wäsche waschen lassen.

Das Schlimme an den Badeorten der türkischen Küste sind ja gar nicht so sehr die Massen an russischen, deutschen und englischen Touristen, sondern viel mehr die jungen Türken vor den Lokalen und Geschäften, die von den Urlaubern leben. Reflexartig stoßen sie ihr "Hello, what's your name?" aus, sobald man in Sichtweite gerät und machen damit jeden Spaziergang durch die ansonsten wirklich schöne Altstadt Antalyas mit ihren Holzhäusern zum Spießrutenlauf. Von der höflichen hilfsbereiten Zurückhaltung, die ich im türkischen Landesinneren und in Syrien erlebt habe, keine Spur! Aber irgendwer muss ja darauf stehen, sonst hätten sie es sich ja nicht angewöhnt.

Also habe ich die Altstadt gemieden und meinen Abendessenfisch in Ruhe und deutlicher günstiger dort gegessen, wo auch die Einheimischen hingehen: nämlich am alten Busbahnhof. Nachahmer seien allerdings gewarnt, man hat dort natürlich keinen Blick über den römischen Hafen, sondern sitzt etwas eingeklemmt zwischen parkenden Autos und dem Fischmarkt.

Tags darauf fehlte noch das Museum auf meiner Liste, und nachdem ich von meinem Pensionswirt erfahren habe, dass man mit der Trambahn dort hinfahren kann, habe ich mich stracks zu einer Haltstelle begeben. Und dann kam da ein Straßenbahnzug, der aussah wie die "Strambers" in Nürnberg, bevor dort moderne Niederflurzüge eingeführt wurden. Mit der Liniennummer 4. Ich habe meinen Augen kaum getraut! Und als ob es das Selbstverständlichste auf der Welt wäre, hat mir der Schaffner auf meine Nachfrage erklärt, Antalya sei ja eine Partnerstadt von Nürnberg und habe eben zwei Züge übernommen.

Wie auf einer Zeitreise habe ich mich auf einen der abgewetzten braunen Holzsitze gesetzt, die helle Vertäfelung bewundert und die metallenen Haltestangen und die Heizungsgitter wieder erkannt, auf die ich so oft meine kalten Gymnasistenfüße gestellt habe. Ich weiß auch noch, wie meinem großen Schwarm (unerreichbare vier Jahre älter war als ich!) da mal auf dem Weg zur Gitarrenstunde die Schuhsohlen abgeschmolzen sind... Nach dem Aussteigen am Museum habe ich der Trambahn noch lange nachgeschaut, wie sie offenbar recht zufrieden und ohne Stress ihren Lebensabend am Mittelmeer verbringt.

Eva

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