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Erinnern auf Wienerisch

Steve: Letztens war ich wirklich baff: Draußen schönstes Spätsommerwetter, die Leute flanieren, sitzen faul in der Sonne – und ich ... ich geh zu einem Vortrag! Über Neurowissenschaften!

Nette: Dass man über seine eigenen Handlungen erstaunt sein kann, ist immerhin eine zutiefst menschliche Eigenschaft. Wir sollten bei Gelegenheit darüber diskutieren, ob auch Fido, der Hund, oder Fritz the Cat baff über sich sein können. Egal. Du warst also baff – na und?

S: Die Sache ist, da hockte ich nicht etwa mutterseelenallein im Auditorium, sondern mit mir noch zig andere! Die wollten alle Eric Kandel sehen, den "Grand Seigneur" der Hirnforschung ...

N: Well, Mister Kandel hat mit seinen Versuchen an der Meeresschnecke Aplysia eben nicht nur die Gedächtnisforschung revolutioniert und dafür den Nobelpreis eingeheimst. Er ist auch ein talentierter Geschichtenerzähler.

S: Ja, und ein Geschichte-Erzähler! Er, der emigrierte Jude, der so schlimme Erinnerungen an seine Kindheit in Nazi-Österreich hat ... ein Gedächtnisforscher!

N: Du meinst, Menschen mit schlimmen Erinnerungen scheuen die Gedächtnisforschung? Vielleicht. Glücklicherweise überwog bei Kandel die Neugier und auch eine gewisse Unabhängigkeit den persönlichen Erfahrungen gegenüber – und vielleicht auch sein Humor. "Here I became interested in history, in writing, and in girls", schreibt er über seine Schulzeit in seiner Autobiografie, die übrigens sehr lesenswert ist. Hat es sich denn gelohnt, zu seinem Vortrag zu gehen?

S: Unbedingt! Es gibt nur wenige, die mit so schönem Wiener Schmäh über Wissenschaft plaudern können. Auf die Frage, was er von den Zweifeln der Hirnforscher am freien Willen halte, meinte er bloß: "Ah wos, i find des deppert!"

N: I a!

S: I woas.

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