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Gerhard Polt

Kristofer von Bayern | "Eine durch und durch unbekannte Königliche Hoheit"
Mein Held der Geschichte heißt: Kristofer von Bayern – König Kristofer von Bayern.

Warum?

Das will ich gerne erklären.

Wen immer ich frage, ob er den König Kristofer von Bayern kennt, hat als Antwort nur ein Achselzucken. "Nein! Den wen? Wie heißt der?" "König Kristofer von Bayern!", sage ich. "Er hat von 1441 bis 1448 über die Schweden regiert. Also der ist historisch, dass es historischer nicht geht!"

Aber niemand kennt ihn. Sicher, das ist klar, wenn man in Neapel oder Tunis jemanden nach diesem König fragen würde, und dort wüsste keiner eine Antwort zu geben – Schwamm drüber! Aber, dass ihn auch hier zu Lande keiner kennt, nicht einmal im Tegernseer Bräustüberl, wo nur gebildete Leute verkehren, oder auch etwa der Geschäftsführer vom Edeka-Markt Schwabing-Nord nicht, das ist wirklich verblüffend.

Kein Wittelsbacher, jedenfalls keiner, den ich gefragt habe, ja nicht einmal der schwedische König selbst, hat jemals etwas von ihm gehört.

Die sich in derart vitaler Anonymität befindende Existenz dieser durch und durch unbekannten, immerhin Königlichen Hoheit Kristofer von Bayern nötigt mir allen Respekt ab. Wie ist es möglich, dermaßen vergessen zu werden? Ich selber weiß allerdings, dass schon damals, als er regierte – und das geschlagene sieben Jahre lang! –, zunehmend Schweden und andere Skandinavier entschlossen waren, ihn zu vergessen. Schon zu jener Zeit hat seine Verblassung angefangen.

Jedenfalls hat der König Kristofer von Bayern wirklich handfest regiert – und zwar von oben herab. Und die, welche regiert wurden, waren fast ausnahmslos Untertanen.

Sie verdanken ihm ein Rezept, welches sich immer schwergetan hat, die Gastronomie – selbst die schwedische – zu inspirieren: Man nehme etwas Rinde von einem Baum seiner Wahl, weiche sie geraume Zeit in ausreichend Wasser ein und versetze den Fond mit in Elchfett geschmortem Wurzelwerk. Eingekocht er­gab diese als Rindenbrühe bekannte Suppe ein vorzügliches mittelalterliches Fas­tenmahl.

Auch hier fasziniert mich, wie die Unbekanntheit dieser Tunke mit dem Wissensloch über ihren Kreateur korrespondiert, und ich neige mein Haupt vor so enorme Jahrhunderte andauernder Spurlosigkeit.

Jedoch sei zur Erhellung noch angemerkt, dass ein gewisser Gottfrid Carlsson (1887–1964), seines Zeichens Historiker und Geschichtsforscher, meinte, der Kristofer von Bayern sei, unabhängig davon, wie er als Mensch gewesen sein mag, als König so schlecht auch wieder nicht gewesen.

PS: König Kristofer von Bayern ist als Rindenkönig in die Geschichte eingegangen. Nicht als Rinderkönig. Das Rindsfilet war während seiner Regentschaft keinem Menschen außer ihm selbst bekannt.

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