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Libyen - nicht ohne Probleme - Teil 1

Die sogenannte "Geldscheinschwenker-Straße"
Eine besondere Herausforderung auf der Reise durch Nordafrika und den Orient sind die Formalitäten, die einem als Ausländer beim Grenzübertritt innerhalb der großen arabischen Staatengemeinschaft erwarten. Angefangen beim staatlich organisierten Devisenbetrug, den Bestimmungen zur Aus- und Einfuhr von Zahlungsmitteln und den abenteuerlichen Schattenwirtschaften, die sich aus diesen Umständen heraus entwickelt haben.

Mental, durch Führer und Reisetips gut vorbereitet, schliefen wir die Nacht vor unserem geplanten Grenzübertritt von Tunesien nach Libyen tief und fest, obwohl uns zwei Tage zuvor erste Emails erreichten, mit dem Hinweis, dass seit dem 11. November wieder eine Passübersetzung ins Arabische nötig sei, um in die libysche Volksjamahiriya einzureisen und Kreuzfahrtschiffe und Flugzeuge umkehren mussten, weil die Pässe nicht übersetzt waren. Nun gut, uns hatte man ja in der Botschaft versichert, man bräuchte keine Übersetzung und Inshâ'allâh wird es schon irgendwie klappen.

Nach einem vermeintlich letzten tunesischen Café haben wir dann noch in einer "Geldscheinschwenker-Straße" Tunesische Dinar in Libysche Dinar gewechselt, um den betrügerischen Tauschgeschäften in Libyen zuvorzukommen. In der Straße gab es an die hundert Tauschbüros, die aus einem blauen Tisch mit Tresor, einem Taschenrechner mit zwei Anzeigen, sowie einem Stuhl und einer Unmenge von Geldbündeln zu je 1000 Dinar (ca. 600 €) bestanden. Man wurde den Eindruck nicht los, dass in dieser Straße wohl das halbe Bruttosozialprodukt des Landes in bar versammelt sei.

Nach dem Tauschgeschäft, das Geld sicher in der Geldkatze verstaut, ging die Fahrt weiter in Richtung Grenze und die Straße war weiterhin gesäumt mit "Geldscheinschwenkern". Eine Stunde etwa und wir hatten die Distanz zur Grenze zurückgelegt und fanden uns in einer selbstgewählten Schlange wieder, die sich auf den tunesischen Kontrollposten zubewegte. Der tunesische Teil der Grenzabfertigung lief fast problemlos, die einzige kleine Schwierigkeit war die Klebemarke für das Auto, denn die kostete 1 Dinar und den hatten wir nicht mehr, weil wir uns der Vorschrift unterordneten, dass kein Geld aus dem Land geschafft werden darf. Dann wurde mit einem Euro bezahlt und als Rückgeld gab es einen Beutel Qualitätsreis!

Dann ging's weiter Richtung libyscher Grenzposten und das Unheil nahm seinen Lauf. Nach einigem Hin und Her und der Frage, zu wem wir wollen und welcher Gruppe wir angehören würden, erklärte uns ein Tourguide, der Englisch sprach, dass man uns nicht einreisen ließe, weil der Pass nicht ins Arabische übersetzt wären. Er, der an allem gar keine Schuld trug, musste uns dann erklären, dass wir wieder abreisen müssten.

Der Hinweis, dass man uns in der libyschen Volksvertretung in Berlin versichert hat, dass man im Augenblick keine Übersetzung benötigen würde, half nicht weiter. Auch die tunesischen Grenzbeamten, die noch telefonierten und nach einer Lösung suchten, konnten unser Scheitern für diesen Tag nicht verhindern. Aber der Guide erklärte uns, dass wir doch ganz schnell nach Tunis fahren könnten und uns in der Botschaft die Übersetzung geben lassen können.

Mal eben schnell nach Tunis – in Kilometern 1200 hin und zurück – und das innerhalb der nächsten 24 Stunden, da sonst das Visum verfallen würde, mit dem guten Bulli – keine Chance. Der Libyenaufenthalt rückte wieder in ganz weite Ferne.

Christiane Brasse und Jens Pflug

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