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Margot Käßmann

Margot Käßmann
Elisabeth von Calenberg | "Eine weitsichtige Frau, die nachhaltig dachte"
Vorbilder sind wichtig. Doch makellos müssen sie nicht sein. Denn nach evangelischem Verständnis sind Heilige keine perfekten Menschen, sondern solche, die wissen, dass sie auf Gott angewiesen sind.

Eine solche »Heilige« war Herzogin Elisabeth von Calenberg. 2008 jährte sich ihr Todestag zum 450. Mal, 2010 feiern wir ihren 500. Geburtstag. Je länger ich Bischöfin in Niedersachsen bin, desto beeindruckender erscheint mir diese Frau, die erst 15 war, als sie mit dem 40 Jahre älteren Herzog Erich I. verheiratet wurde.

Ohne Fehler war sie in der Tat nicht. So hat sie die Geliebte ihres Mannes mit einem Hexenprozess verfolgt – zum Glück entkam die Beschuldigte. Aber Elisabeth war eine Frau, die Verantwortung übernommen hat, klug und besonnen war und ihre politische Macht für die Geschicke ihres Landes nutzte.

Im Jahr 1534 besuchte sie in Lichtenbergk bei Wittenberg ihre Mutter und begegnete dort Martin Luther. Der Funke der Begeisterung sprang auf Elisabeth über. Fortan korrespondierte sie regelmäßig mit dem Reformator, schickte ihm Käse und Wein – und er ihr eines Tages eine deutsche Bibelübersetzung mit persönlicher Widmung! Mutig ließ sie sich mit ihren Hofdamen 1538 den Laienkelch reichen und bekannte sich so vor aller Welt zum lutherischen Glauben. Ihr Mann Erich hat das alles toleriert – auch wenn er katholisch blieb.

Nach seinem Tod musste sich Elisabeth zunächst die Vormundschaft für ihren Sohn erkämpfen. Die Jahre in politischer Verantwortung nutzte sie dann konsequent, holte den Theologen und Schüler Luthers Antonius Corvinus ins Land und führte mit seiner Hilfe die Reformation in Südniedersachsen ein. Vor allem rettete sie die Klöster über die Reforma­tion hinweg: 15 Damenstifte und Frauenklöster gibt es bis heute in unserer Landeskirche, dazu drei Männerklöster – ungewöhnlich im evangelischen Bereich.

Die staatliche Klosterkammer, die sie verwaltete, ist dank Elisabeths weiser Voraussicht bis heute finanziell so gut ausgestattet, dass sie diese Orte geistlichen Lebens erhalten kann. Im Jahr 1542 bestimmte sie, dass all das Kirchengut, das durch die Reformation an den Landesherrn übergegangen war, ausschließlich für kirchliche, schulische und mildtätige Zwecke gesondert zu verwalten sei. Eine weitsichtige, engagierte und mutige Frau, die nachhaltig dachte.

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