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Sarkophaghaufen

Die Sarkophaghaufen
Die östlich von Antalya gelegene pamphylische Küstenebene ist landschaftlich zwar weniger reizvoll, besitzt aber archäologische Stätten, die ich auf meiner Reise keinesfalls auslassen konnte. Großzügig angelegte Prachtstraßen und monumentale Bauten zeugen vom Reichtum der hier gelegenen antiken Städte. Besonders fällt auf, wie immer wieder das Wasser, dem die Fruchtbarkeit der Gegend zu verdanken ist, in äußerst prachtvollen Brunnenanlagen zur Schau gestellt wurde. In Aspendos ist auch der imposante Aquädukt, der das Wasser in die Stadt brachte, schön erhalten. Die herausragende Sehenswürdigkeit dieser Stadt ist allerdings ohne Zweifel das nahezu unversehrte Theater.

Etwas enttäuschend fand ich dagegen die laut Reiseführer "bedeutendsten Ruinen der Südtürkei" in Side. Hier wird in erster Linie auf Badetouristen gesetzt, für die ein schneller Rundgang durch das Theater und ein paar wiederaufgerichtete Säulen des Apollontempels, malerisch am Meer gelegen, als kulturelles Programm genügen sollen. Der Rest der Ruinen ist abgesperrt oder verwahrlost kaum beachtet als Müllkippe.

Schließlich verabschiedete ich mich von der türkischen Südküste und durchfuhr zunächst das pisidische Hinterland. Hier fand ich pittoreske bis dramatische Gebirgslandschaften vor, die denen Lykiens in nichts nachstehen, und darin eingebettet die Ruinen antiker Städte, wie etwa Termessos. Hier waren es wieder einmal Gräber, die besonders faszinierten. Unzählige große steinerne Sarkophage ballen sich zu regelrechten Haufen zusammen.

Mit der Küste verließ ich auch den mediterranen Spätsommer und je weiter ich ins Landesinnere kam, umso deutlicher zeigte mir die Witterung, wie fortgeschritten das Jahr schon ist. In Sagalassos, hoch in einer kargen Berglandschaft gelegen, empfing mich ein eisiger Wind. Dennoch genoß ich die Stadt, die mehrere Beispiele für höchst gelungene Rekonstruktionen bietet, sehr.

In Aizanoi, bereits in Phrygien, traf ich dann einen Herbst an, wie ich ihn von zuhause kenne. Bunte, fallende Blätter, ein goldenes Licht und der Geruch von feuchter Erde, reifem Obst und Rauch in der Luft. Das malerische Dorf, in dem die Ruinen, allen voran der hoch aufragende Zeustempel, liegen, vervollständigte die idyllische Stimmung.

Eine willkommene Abwechslung nach all den imposanten Theaterbauten, Säulenstraßen und Thermenanlagen aus der römischen Kaiserzeit bot der Hügel von Beycesultan. Er beeindruckt alleine durch das Bewusstsein, dass er ausschließlich aus übereinander liegenden Siedlungsablagerungen mehrerer Jahrtausende besteht. Hier wurden vor allem für das chalkolithische und bronzezeitliche Westanatolien bedeutsame Funde gemacht. Beim Spaziergang über die Oberfläche stolperte ich förmlich über wunderbare Scherben aus diesen Epochen, was das Archäologenherz gleich höher schlagen ließ.

Nun bin ich in Istanbul angelangt, wo ich in der Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts sehr herzlich empfangen wurde. Nach mehr als drei Wochen des Vagabundenlebens genieße ich es, ein paar Tage am selben Ort bleiben zu können, zumal in einer so faszinierenden Stadt. Es ist herrlich, sich einfach in in das quirlige Treiben zu begeben. Natürlich gibt es hier auch viel zu sehen, mehr als man in wenigen Tagen schaffen kann.

Absolutes Pflichtprogramm waren natürlich das archäologische Museum, das allein schon wegen des sogenannten Alexandersarkophags eine Reise wert wäre, aber noch viele weitere Highlights bietet, und die Hagia Sophia. Nachdem ich in den letzten Wochen die Reste von byzantinischen Bauten in den antiken Städten oft eher als störende Verunstaltungen der früheren Phasen empfunden hatte, stimmt mich dieses Bauwerk, das so manches in den Schatten stellt, wieder sehr versöhnlich mit jener Epoche. Wenn ich mir dann allerdings ausmale, wie viele marmorne Skulpturen und Architekturglieder in den Unmengen an Kalkmörtel verschwunden sind, die für den Bau nötig gewesen sein müssen...

Nicolas Zenzen

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