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Scarlatti in Sanaa

In der Zwischenzeit ist natürlich wieder sehr viel passiert. Von Kairo aus ging es nach Sanaa in den Jemen und dort konnten wir gleich den Beginn der Grabungen in Marib, der Hauptstadt des antiken Königreiches von Sabaa miterleben und miterleben, wie Frau Dr. Gerlach, die Leiterin der DAI-Außenstelle Sanaa, souverän mit den Stammesführern verhandelte. Wir saßen alle in der Runde und wurden sogar als "special guests" vorgestellt. Natürlich hatten wir für die restlichen Tage im Grabungshaus einen neuen Spitznamen. Nach ausgesprochen interessanten Führungen in der Oase Marib und in Sirwah ging es dann wieder für ein paar Tage zurück nach Sanaa.

Das DAI war vor kurzem in einen alten Stadtpalast in der Altstadt umgezogen und es gab jetzt eine Einweihung zu feiern. Der Direktor der Orientabteilung des DAI, Dr. Riccardo Eichmann, fragte mich 10 min vor dem Beginn der Reden – halb im Spaß, halb im Ernst –, ob ich nicht etwas singen wolle und ich sagte natürlich sehr gerne zu ("Gia il sole dal Gange" von A. Scarlatti aus der Oper "Alessandro nell’Indie").

Am nächsten Tag bin ich 5 min vor der Abfahrt zu unserer großen Jemen-Rundreise im Treppenhaus voll bepackt mit dem riesigen 30-kg-Rucksack auf einer wackeligen Treppenstufe umgeknickt und habe mir den Fuß verstaucht. Das war vielleicht ein Schock. Der Fuß schwoll auf das Doppelte an und ich sah die Reise schon den Bach runtergehen. Zum Glück ist das in Sanaa passiert, denn dort gibt es seit einem Jahr ein supermodernes "Saudi-German Hospital". Iris Gerlach fuhr mich gleich hin und ich wurde geröntgt. Dann haben wir den Plan einfach umgedreht und zuerst die Woche Sanaa gemacht und dann die Rundreise.

Ich hatte riesiges Glück: nichts gebrochen, kein Bänderriss, sondern nur eine Zerrung und mittlerweile kann ich wieder fast ganz normal laufen. Als ich aus dem Krankenhaus heimkam gab Herr Eichmann in der Küche ein kleines Konzert auf seiner neu gekauften arabischen Laute.

Iris Gerlach und ihr Mann Holger Hitgen vom DAI Sanaa sind übrigens unglaublich nett und kümmern sich rührend um uns, obwohl sie gerade selbst extrem viel um die Ohren haben. Vor ein paar Tagen hatte sie sogar ein Gespräch mit dem jemenitischen Präsidenten wegen der seit fast 30 Jahren angedachten Grabungen in Marib-Stadt. Der erste Spatenstich war nämlich von einem Stammesführer torpediert worden und ist nun auf nächste Woche verschoben.

Es gab sogar Morddrohungen und die muss man leider hier im Jemen durchaus ernster nehmen als in Deutschland, weil alle hier bis in die Zähne bewaffnet sind. Die Leute tragen alle einen Krummdolch am Gürtel und im Bergland fast alle auch ein Gewehr. Mittlerweile bin ich übrigens nicht nur stolzer Besitzer eines sudanesischen Schwertes, sondern auch mehrerer (!) jemenitischer Dolche. Ein Gewehr werde ich mir allerdings definitiv nicht zulegen!

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