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Die Freiheitsstatue von Kirindy

Dorf
Handys sind in Madagaskar weit verbreitet, viele Madagassen haben sogar zwei Mobiltelefone verschiedener Anbieter. Zudem gibt es in jeder Stadt und jedem größeren Dorf zahlreiche kleine Straßenstände, an denen man per Leihhandy telefonieren oder Guthabenkarten unterschiedlicher Preisklassen für die allgegenwärtigen Netzbetreiber Zain, Telma oder Orange erstehen kann.

Madagassisches Dorf | Madagaskar ist vielerorts noch dörflich geprägt. Und noch nicht überall hat die Telekommunikation Einzug gehalten.
Das große Telefonieren setzte auf der Insel erst vor etwa zehn Jahren mit dem Aufkommen von kleinen und erschwinglichen Mobiltelefonen ein – Festnetzleitungen sind und waren in Madagaskar nur spärlich verlegt. Die Kommunikationsrevolution hat das alltägliche Leben seitdem stark verändert, Verwandte in unterschiedlichen Städten können sich jetzt regelmäßig sprechen, und viele abgelegene Dörfer sind nicht mehr abgeschnitten von der Außenwelt wie noch vor wenigen Jahren. Ein per Handy telefonierender Kohlenhändler auf einem Zebukarren ist kein seltener, aber nichts desto trotz verwirrender Anblick.

Allerdings gibt es noch Orte in Madagaskar, an denen nach wie vor Funkstille herrscht. Unser Camp im Wald gehört dazu und auch die nächstgelegenen Dörfer Kirindy Village und Marofandilia. In Letzterem, wo sich auch das regionale Büro der madagassischen Naturschutzorganisation Fanamby befindet, wurde im vergangenen Jahr hinter den Erd- und Grashütten an der Route Nationale ein rot-weiß lackierter Handymast in die Höhe gezogen. Flugzeuge gibt es hier nicht, die Warnfarbe dient demnach vermutlich den Vasapapageien als Orientierung. Für ein paar Wochen war es daraufhin sogar möglich bei uns im Camp Kurzmitteilungen per Telefon zu verschicken und zu empfangen – wenn man sich in der Mitte des Camps auf das Dach eines Jeeps stellte und die Hand mit dem Handy freiheitsstatuengleich für mehrere Minuten in die Höhe reckte. Eine sehr kraftraubende Prozedur und ein noch eigentümlicherer Anblick.

Nach wenigen Monaten kam jedoch das Aus: Der Mast in Marofandilia war beschädigt und wurde wieder in seine Einzelteile zerlegt. Kein Klettern mehr auf Jeepdächer, keine Hände, die sich gen Himmel strecken – im Grunde eine gute Entwicklung: Was für eine Atmosphäre entstünde, wenn jeder jederzeit im Wald erreichbar wäre? "Entschuldige, ich beobachte gerade die Lemuren, kannst Du in einer halben Stunde zurückrufen?" oder "Nein, ich will momentan keinen Bausparvertrag abschließen, vielen Dank!" Das Gefühl, an einem besonderen Ort mit und in der Natur zu leben, wäre verloren – und für Notfälle gibt es ja auch noch das Satellitentelefon.

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