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Die olympischen Götter

Liebe und Leidenschaft, Eifersucht und Hass, Macht und Manipulation – die antiken griechischen Mythen ziehen uns bis heute in ihren Bann. Dass die Entstehung der alten Legenden noch längst nicht geklärt ist, berichtet das Geschichtsmagazins epoc in seiner ersten Ausgabe 2009. Auf der Suche nach den historischen Wurzeln des Zeuskults, reiste die Journalistin und Historikerin Waltraud Sperlich im Auftrag von epoc nach Arkadien in Griechenland. Dort besuchte sie ein Archäologenteam um David Gilman Romano von der University of Pennsylvania (USA), das seit 2004 auf dem Berg Lykaion nach Hinweisen auf die Ursprünge der Zeusverehrung fahndet.
Bei ihren Grabungen am Standort eines ehemaligen Zeusaltars auf dem Gipfel des "Wolfsbergs" machten die Forscher eine überraschende Entdeckung: Der Göttervater und seine Gefährten wurden nicht erst in der Eisenzeit ab etwa 1000 v. Chr. verehrt – also zu jener Zeit, die uns heute als griechische Antike bekannt ist. Sondern bereits rund 2000 Jahre früher. Denn in der metertiefen Asche fanden sich Reste von tönernen Opfergefäßen aus der Epoche der sagenumwobenen Mykener, den historischen Vorfahren der Zeitgenossen Homers bekannt aus dessen Epen »Ilias« und »Odyssee«.

Der Zeustempel | Der Lykaion in Arkadien stand ganz im Zeichen der Zeusverehrung. Die unteren Regionen wurden schon um 1900 erforscht, das Heiligtum auf dem Gipfel geriet aber zwischenzeitlich in Vergessenheit.
Außerdem gruben die Archäologen einen über vier Jahrtausende alten Bergkristall aus, der den Kontakt zwischen Arkadiern und den Bewohnern der Insel Kreta – der Heimat Minoer – belegt. Ein eingravierter Stier kennzeichnet den seltenen Fund als minoisch – vermutlich war der Kristall ein Siegel oder eine Art Reisepass der frühesten Hochkultur Europas (ab etwa 3000 v. Chr.). Die Forscher um Romano vermuten, dass die Griechen auf dem Festland Einflüsse der kretischen Götterwelt übernommen haben – wahrscheinlich auch die Zeusverehrung.

Die Olympier und ihre Abenteuer sind also keine Erfindung von Homer und Hesiod, wie bislang vermutet. Allerdings brachten die griechischen Dichter um 700 v. Chr. Ordnung in die verworrene Welt der Mythen und strukturieren so das antike griechische Brauchtum. Im Unterschied zu anderen alten Religionen wie dem Hinduismus oder dem Judentum kennt die griechische Mythologie jedoch keine Offenbarungen oder spirituellen Lehren. Ihre Kulte basierten auch nicht auf festen Geboten oder heiligen Schriften – ein Grund, warum sich das Christentum im 4. Jahrhundert gegen die alten Riten durchsetzten konnte, als der letzte altgläubige Kaiser Julian Apostata sie wieder zur ersten Religion im Römischen Reich machen wollte – und scheiterte.

Eine zweite überraschende Nachricht hätte Kaiser Julian sicher gefreut: Die Mythen bestehen nicht nur in Geschichtsbüchern fort – am Fuße des Lykaion und an vielen anderen Orten in Griechenland verhilft eine Gemeinschaft neuer Heiden, die ELINAIS, den ins Reich der Legenden verbannten Kulten zu neuem Leben. Derzeit kämpft sie darum, ihre „Götterdienste“ an den antiken Stätten Apollons, Athenes oder Aphrodites abzuhalten. Der Staat untersagt dies jedoch. Der Grund: Die Tempel seien Kulturerbe, keine Kirchen.

Über epoc:
epoc, das Magazin für Geschichte, Archäologie und Kultur, erscheint seit 2004. Sechsmal pro Jahr vermitteln Forscher und Fachjournalisten auf mehr als 100 Seiten fundiert und unterhaltsam Wissen über historische Themen und zeigen spannende Zusammenhänge aus Kunst, Kultur und Geistesgeschichte auf. Ein jeweils umfassend beleuchtetes Titelthema zu zentralen Ereignissen, Persönlichkeiten und Kulturen der Welt sowie spannende Reportagen und Essays überzeugen alle zwei Monate rund 40 000 Leser.

Unter www.epoc.de finden alle historisch Interessierten Kurzmeldungen und aktuelle Ausstellungstipps. Ein Newsletter und die Chronologs, das Blogportal für Fragen zur Vergangenheit und ihrer Erforschung, halten Sie täglich auf dem Laufenden.

Abdruck honorarfrei bei Quellenangabe: epoc, 1/2009
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