Medizin: Mit HIV infiziert, aber vor Aids geschützt
Schon 1995 suchte ein Mann, der nachweislich seit 16 Jahren mit dem HI-Virus infiziert war, Walkers Arztpraxis auf. Der Forscher sollte an ihm herausfinden, warum er nicht Aids bekam, und dann eine Therapie für nicht so Glückliche finden. Dieser Mann litt an der Bluterkrankheit und benötigte deswegen oft Blutkonserven. Viele davon Betroffene steckten sich damals auf dem Weg an – er aber hat bis heute kein Aids und auch nach wie vor nur sehr geringe Virusspuren im Blut.
Um das Rätsel zu lösen, mussten die Forscher tief in die molekularen Vorgänge der Immunabwehr einsteigen. Voran kamen sie erst, als es ihnen gelang, an die tausend solcher Menschen aufzuspüren, so genannte HIV-Elitekontrolleure. Diese Suche hatten sie auf mehrere Kontinente ausgedehnt. Nun konnten sie das Erbgut der Elitekontrolleure analysieren und mit dem von normal anfälligen HIV-Patienten vergleichen. So kreisten sie schließlich verdächtige Erbfaktoren immer mehr ein, bis sie auf die eigentliche Ursache stießen.
Die Elitekontrolleure tragen eine kleine Mutation, die ein wichtiges Molekül auf bestimmten Immunzellen ein wenig verändert, nämlich einer Zellsorte, die dem Immunsystem den Eindringling meldet. Diese Immunzellen zeigen dazu einfach Stücke des Virus an ihrer Oberfläche vor. Sie verpetzen gewissermaßen den Fremdling. Bei dem mutierten Molekül ist genau die Stelle leicht abgewandelt, die Stücke des Virus zu fassen bekommt und dem Immunsystem präsentiert – mit der Folge, dass nun ein stärkeres Signal entsteht als normal. Die Abwehrkräfte werden dadurch ungewöhnlich stark mobilisiert. Und sie schaffen es dauerhaft, das heimtückische Aids-Virus unter Kontrolle zu halten.
Abdruck honorarfrei bei Quellenangabe:
Spektrum der Wissenschaft, Mai 2013
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