Planetologie: Ein fast vergessener Planet im Fokus
Mitte März dieses Jahres erhielt Merkur seinen ersten künstlichen Satelliten. Nach einer langen Reise traf die US-Raumsonde Messenger beim sonnennächsten Planeten ein und erforscht diesen nun ein Jahr lang. Merkur ist unter den Planeten im Sonnensystem in vielerlei Hinsicht extrem und außergewöhnlich.
Stets den sonnennächsten Planeten
Merkur im Visier, reiste die US-amerikanische
Raumsonde Messenger sechseinhalb
Jahre lang durch das innere Sonnensystem.
In der Nacht zum 18. März 2011
fand endlich das mit Spannung erwartete
historische Ereignis statt: Messenger
schwenkte erfolgreich in eine Umlaufbahn um Merkur ein.
Nach der US-Raumsonde
Mariner 10, die in den Jahren 1974
und 1975 an Merkur dreimal nur vorbeiflog,
ist Messenger erst seine zweite irdische
Besucherin – und die
erste, die ihn nun während eines Jahres als
Satellit umrundet.
Die Vorbeiflüge von Mariner 10 gaben
der Merkuroberfläche bereits ein grobes
Gesicht: Die Sonde fotografierte eine zerklüftete
Kraterlandschaft mit ausgedehnten
Ebenen, die von langen Hügelketten
unterbrochen
sind – der Oberfläche unseres
inaktiven alten Erdmonds verblüffend
ähnlich.
So eindrücklich die Bilder von Mariner 10 auch waren, die damalige Technik war noch nicht so weit fortgeschritten, um genügend Details aufzulösen und der geologischen Geschichte Merkurs auf die Schliche zu kommen. Da die Sonde dreimal an der gleichen Seite des Planeten vorbeiflog, erfasste sie auch nur gerade 45 Prozent der Oberfläche. Obwohl der sonnennächste Planet seine gut gehüteten Geheimnisse noch nicht preisgab, geriet er nach Mariner 10 zunächst wieder in Vergessenheit.
33 Jahre lang zog Merkur einsam seine Bahn ohne Besuch von der Erde. Unentwegt tüftelten derweil aber Wissenschaftler und Ingenieure der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA an neuen Technologien, um ein Raumfahrzeug zu konstruieren, das die extremen Bedingungen in einer Umlaufbahn um den sonnennächsten Planeten überleben kann.
Die technischen Hürden, die es zu nehmen galt, waren beachtlich: Hitzeresistent, leicht und kompakt musste der erste künstliche Satellit von Merkur sein. Die in der Folge entwickelte Sonde Messenger erfüllt all diese Anforderungen. Sie ist so leicht, dass sie beim Start 600 Kilogramm Treibstoff mitführen konnte, ohne das erlaubte Startgewicht zu überschreiten – aber genügend, um später beim Einschwenken in die Umlaufbahn um Merkur stark abzubremsen zu können.
Dank eines
Hitzeschilds aus Keramikfasern, hinter
dem ihre Instrumente bei Raumtemperatur
arbeiten, widersetzt sich Messenger
der versengenden Sonneneinstrahlung. Denn die Sonne erscheint in der Merkurumlaufbahn
bis zu gut dreimal so groß und
fast elfmal so hell wie bei der Erde.
7,9 Milliarden Kilometer weiter
Das erste Etappenziel ihrer jahrzehntelangen Arbeit erreichten die Entwickler von Messenger am 3. August 2004, als die Sonde an Bord einer Delta-II-Trägerrakete von der Cape Canaveral Air Force Station in Florida erfolgreich ihre lange Reise zum Merkur antrat. Um in die unwirtliche, heiße Umgebung im Innersten des Sonnensystems vorzustoßen, legte sie 7,9 Milliarden Kilometer zurück und umkreiste die Sonne insgesamt 15-mal. Einmal flog sie an der Erde, zweimal an der Venus und dreimal an Merkur, ihrem späteren Ziel, vorbei.
Ohne diese nahen Vorbeiflüge hätte
sich Messenger mit so hoher Geschwindigkeit
auf sein finales Reiseziel, den Merkur,
zubewegt, dass kein Antriebssystem
der Welt sie genügend abbremsen und auf
eine Umlaufbahn um den Planeten hätte
bringen können.
Während des Abbremsmanövers in 155 Millionen Kilometer Entfernung von der Erde feuerte die Sonde 15 Minuten lang mit ihrem Triebwerk in Richtung der Vorwärtsbewegung und verlangsamte so ihre Geschwindigkeit gegenüber Merkur um 860 Meter pro Sekunde. Dadurch war sie langsam genug, um sich vom Gravitationsfeld des Planeten einfangen zu lassen.
Das heikle Unterfangen glückte perfekt: Die angestrebte stark exzentrische und beinahe polare Umlaufbahn stimmt mit der erreichten bis auf kleine Abweichungen weit innerhalb der Toleranzgrenzen überein. Angepeilt war eine Bahnneigung von 82,5 Grad relativ zu Merkurs Äquator. Die Neigung des ersten Bahndurchlaufs betrug schließlich 82,52 Grad. Der geringe Fehler von nur zwei Hundertstel Grad dürfte zu verschmerzen sein.
Die nahezu polare Bahn von Messenger
wird durch gelegentliche Triebwerkszündungen
sonnensychron gehalten. Dies
bewirkt, dass auf die beiden Solarsegel der
Sonde zu jedem Zeitpunkt genügend Sonnenlicht
trifft und stets optimale Beleuchtungsverhältnisse
herrschen. Um ihre Instrumente
zu schonen, wurde die Form
der Bahn so gewählt, dass sich Messenger
nur beschränkte Zeit in geringem Abstand
über dem heißen Planeten aufhält. Für einen
Umlauf um Merkur benötigt die Sonde
rund zwölf Stunden, dabei nähert sie
sich seiner Oberfläche bis auf 200 Kilometer
und entfernt sich von ihr im äußersten
Punkt der Bahn bis zu 15 200 Kilometer.
Merkur wirft viele Fragen auf
Ausgerüstet mit sieben wissenschaftlichen Instrumenten und einem Radiowellenexperiment fühlt Messenger dem kleinsten, sonnennächsten und daher auch schnellsten Planeten des Sonnensystems ein Jahr lang auf den Zahn. Die Aufnahmen aus der Umlaufbahn schließen die letzten weißen Flecken auf Merkurs Landkarte, die nach den Vorbeiflügen von Mariner 10 und Messenger hauptsächlich in den Polregionen noch verblieben sind. Elf Tage nachdem Messenger in die Umlaufbahn eingeschwenkt war, aktivierte die Sonde ihre Instrumente und funkte erste Bilder zur Erde. Anfang April begann sie mit der systematischen detaillierten Kartierung der Merkuroberfläche.
Während der ein Jahr dauernden Primärmission
wird Messenger den Merkur
700-mal umrunden und dabei rund 75 000 Bilder liefern. Dabei bildet die Kamera der
Sonde die Oberfläche des Planeten dreidimensional
ab. Die Höhenunterschiede
vermisst sie zudem mit einem Laseraltimeter,
wodurch sich eine dreidimensionale
topografische Karte erstellen lässt.
Merkur gehört zu den erdähnlichen
felsigen
Planeten so wie Venus und Mars.
Er ist unter diesen der dichteste und derjenige
mit der ältesten Oberfläche, aber im
Gegensatz zu den anderen noch kaum erforscht.
Mit einem Durchmesser von 4878 Kilometern ist er nur wenig größer als der
Erdmond. Seine Umlaufbahn um die Sonne
weist die größte Exzentrizität von allen
Planeten des Sonnensystems auf, und die
täglichen Temperaturschwankungen an
seiner Oberfläche reichen von 430 Grad
Celsius auf der Tagseite bis zu minus 170 Grad
Celsius auf der Nachtseite. Da die Polachse
von Merkur beinahe senkrecht auf seiner
Bahnebene steht, liegen manche Kratermulden
nahe den Polregionen
stets im
Schatten bei eisigen Minustemperaturen.
Im Verhältnis zu seiner Größe besitzt Merkur einen riesigen Eisenkern, der 60 Prozent seiner Gesamtmasse ausmacht und 75 Prozent seines Radius einnimmt. Die Kerne der anderen felsigen Planeten haben nicht annähernd einen so großen Anteil an ihren Massen und Volumina. Auch scheint Merkurs Kern teilweise aufgeschmolzen zu sein, denn ihn umgibt wie die Erde ein globales Dipolmagnetfeld, wobei das der Erde von Strömungen im flüssigen Metall des äußeren Erdkerns erzeugt wird, der den festen inneren Kern umschließt.
Um den Ursprung von Merkurs Magnetfeld zu finden, ist Messenger mit einem Magnetometer ausgerüstet, das die Feldstärke und räumliche Verteilung des Felds ermittelt. Innerhalb von nur fünf Tagen verdreifachte Messenger in der Umlaufbahn die Zahl der Feldmessungen im Vergleich zu den Daten, die nach den insgesamt sechs vorangegangenen Vorbeiflügen an Merkur zur Verfügung standen.
Die Rätsel, die der extreme, ungewöhnliche
Planet immer noch aufwirft, sind
zahlreich: Warum ist dieser Planet so außergewöhnlich
dicht? Was hat es mit seinem
Magnetfeld auf sich? Befindet sich
an seinen Polen tatsächlich gefrorenes
Eis, so wie manche Forscher vermuten?
In seinem Inneren scheint Merkur einem
jungen dynamischen Planeten wie der
Erde zu ähneln, außen aber sieht er aus
wie der inaktive alte Erdmond. Um diesen
Widerspruch aufzulösen und die Vorgänge
in und auf Merkur besser zu verstehen,
sammelt
Messenger nun emsig
Informationen
über Merkurs Kruste, seine
geologische Vergangenheit,
die Zusammensetzung
seiner
dünnen Atmosphäre
und seiner aktiven
Magnetosphäre und
auch über seinen inneren Aufbau.
So eindrücklich die Bilder von Mariner 10 auch waren, die damalige Technik war noch nicht so weit fortgeschritten, um genügend Details aufzulösen und der geologischen Geschichte Merkurs auf die Schliche zu kommen. Da die Sonde dreimal an der gleichen Seite des Planeten vorbeiflog, erfasste sie auch nur gerade 45 Prozent der Oberfläche. Obwohl der sonnennächste Planet seine gut gehüteten Geheimnisse noch nicht preisgab, geriet er nach Mariner 10 zunächst wieder in Vergessenheit.
33 Jahre lang zog Merkur einsam seine Bahn ohne Besuch von der Erde. Unentwegt tüftelten derweil aber Wissenschaftler und Ingenieure der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA an neuen Technologien, um ein Raumfahrzeug zu konstruieren, das die extremen Bedingungen in einer Umlaufbahn um den sonnennächsten Planeten überleben kann.
Die technischen Hürden, die es zu nehmen galt, waren beachtlich: Hitzeresistent, leicht und kompakt musste der erste künstliche Satellit von Merkur sein. Die in der Folge entwickelte Sonde Messenger erfüllt all diese Anforderungen. Sie ist so leicht, dass sie beim Start 600 Kilogramm Treibstoff mitführen konnte, ohne das erlaubte Startgewicht zu überschreiten – aber genügend, um später beim Einschwenken in die Umlaufbahn um Merkur stark abzubremsen zu können.
7,9 Milliarden Kilometer weiter
Das erste Etappenziel ihrer jahrzehntelangen Arbeit erreichten die Entwickler von Messenger am 3. August 2004, als die Sonde an Bord einer Delta-II-Trägerrakete von der Cape Canaveral Air Force Station in Florida erfolgreich ihre lange Reise zum Merkur antrat. Um in die unwirtliche, heiße Umgebung im Innersten des Sonnensystems vorzustoßen, legte sie 7,9 Milliarden Kilometer zurück und umkreiste die Sonne insgesamt 15-mal. Einmal flog sie an der Erde, zweimal an der Venus und dreimal an Merkur, ihrem späteren Ziel, vorbei.
Während des Abbremsmanövers in 155 Millionen Kilometer Entfernung von der Erde feuerte die Sonde 15 Minuten lang mit ihrem Triebwerk in Richtung der Vorwärtsbewegung und verlangsamte so ihre Geschwindigkeit gegenüber Merkur um 860 Meter pro Sekunde. Dadurch war sie langsam genug, um sich vom Gravitationsfeld des Planeten einfangen zu lassen.
Das heikle Unterfangen glückte perfekt: Die angestrebte stark exzentrische und beinahe polare Umlaufbahn stimmt mit der erreichten bis auf kleine Abweichungen weit innerhalb der Toleranzgrenzen überein. Angepeilt war eine Bahnneigung von 82,5 Grad relativ zu Merkurs Äquator. Die Neigung des ersten Bahndurchlaufs betrug schließlich 82,52 Grad. Der geringe Fehler von nur zwei Hundertstel Grad dürfte zu verschmerzen sein.
Merkur wirft viele Fragen auf
Ausgerüstet mit sieben wissenschaftlichen Instrumenten und einem Radiowellenexperiment fühlt Messenger dem kleinsten, sonnennächsten und daher auch schnellsten Planeten des Sonnensystems ein Jahr lang auf den Zahn. Die Aufnahmen aus der Umlaufbahn schließen die letzten weißen Flecken auf Merkurs Landkarte, die nach den Vorbeiflügen von Mariner 10 und Messenger hauptsächlich in den Polregionen noch verblieben sind. Elf Tage nachdem Messenger in die Umlaufbahn eingeschwenkt war, aktivierte die Sonde ihre Instrumente und funkte erste Bilder zur Erde. Anfang April begann sie mit der systematischen detaillierten Kartierung der Merkuroberfläche.
Im Verhältnis zu seiner Größe besitzt Merkur einen riesigen Eisenkern, der 60 Prozent seiner Gesamtmasse ausmacht und 75 Prozent seines Radius einnimmt. Die Kerne der anderen felsigen Planeten haben nicht annähernd einen so großen Anteil an ihren Massen und Volumina. Auch scheint Merkurs Kern teilweise aufgeschmolzen zu sein, denn ihn umgibt wie die Erde ein globales Dipolmagnetfeld, wobei das der Erde von Strömungen im flüssigen Metall des äußeren Erdkerns erzeugt wird, der den festen inneren Kern umschließt.
Um den Ursprung von Merkurs Magnetfeld zu finden, ist Messenger mit einem Magnetometer ausgerüstet, das die Feldstärke und räumliche Verteilung des Felds ermittelt. Innerhalb von nur fünf Tagen verdreifachte Messenger in der Umlaufbahn die Zahl der Feldmessungen im Vergleich zu den Daten, die nach den insgesamt sechs vorangegangenen Vorbeiflügen an Merkur zur Verfügung standen.
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