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Neurowissenschaften studieren - so geht‘s!

Antworten und Wissenswertes rund um das Thema Studium mit Infos zu Studienbedingungen, Standorten, Studiengängen und Abschlüssen.
1. Was verbirgt sich hinter dem Begriff Neurowissenschaften? Die Neurowissenschaft ist ein interdisziplinäres Forschungsgebiet, das sich mit dem Gehirn und dessen Aufbau, Funktionen und Erkrankungen befasst. Beteiligt sind Disziplinen wie die Biologie, Medizin, Psychologie, Philosophie und Informatik.

2. Warum sind Neurowissenschaften gerade im Trend? Zwei große Entwicklungen prägen die Neurowissenschaften: Zum einen gewinnen Forscher immer präzisere Erkenntnisse über molekularbiologische Vorgänge im Gehirn. Zum anderen erlauben moderne bildgebende Verfahren, Hirnfunktionen besser zu verstehen. Neurowissenschaftler messen mit ihrer Hilfe, in welchen Regionen gerade Nervenzellen arbeiten. Doch gibt es sicher mehrere Ursachen für den Boom der Neurowissenschaften. Einer der Gründe ist laut Michael Pauen, Professor für die Philosophie des Geistes an der Humboldt-Universität zu Berlin, "das Interesse des Menschen an den geistigen Fähigkeiten".

Die Erkenntnisse der Neurowissenschaften geben außerdem neue Hinweise zur Diagnose und Therapie von körperlichen Erkrankungen ebenso wie psychischen Störungen. "Neurodegenerative Erkrankungen, wie Alzheimer oder Parkinson, nehmen aufgrund der demographischen Entwicklung immer mehr zu. Deswegen benötigen wir die Erkenntnisse aus der Hirnforschung dringend für die Therapie", sagt Hannsjörg Schröder, Koordinator des Studiengangs Neurowissenschaften an der Universität zu Köln.

3. Welche Interessen oder Fähigkeiten sollte man für das Studium der Neurowissenschaften mitbringen? Da die Neurowissenschaften die Geistes- und Naturwissenschaften, Medizin und Psychologie einbeziehen, gibt es verschiedene mögliche Einstiege in die Erforschung von Gehirn und Bewusstsein. Grundsätzlich sollte jeder für sich selbst entscheiden, welche Richtung er einschlagen möchte. Geeignet für den Wissenschaftsbereich ist jeder, der im weitesten Sinn Interesse an der Hirnforschung und ihren verschiedenen Aspekten hat.

Matthias Schulze-Bünte, zuständig für den Studiengang Kognitive Linguistik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, erklärt: "Studieninteressierte sollten von Anfang an eine gewisse Neugierde für die Wissenschaft mitbringen. Sie sollten sich darauf einlassen, abstrakte und komplexe Theoriegebäude kennen zu lernen und darauf eine gewisse Energie zu verwenden."

Rein praktisch gesehen benötigt man zur Bewältigung des Studienalltags ein mathematisches Grundverständnis und vor allem – wegen der überwiegend englischsprachigen Literatur – die Fähigkeit, englische Texte zu verstehen. Über die Aufnahme in die meisten neurowissenschaftlichen Studiengänge entscheidet ein örtlicher Numerus Clausus. Dabei werden die Studienplätze nach Kriterien wie zum Beispiel relevante schulische Einzelnoten, Ergebnis eines Auswahltests, nach praktischen Tätigkeiten oder einem Auswahlgespräch vergeben.

4. Für welche Universität soll ich mich entscheiden? Die Universitäten bieten Studiengänge mit zum Teil sehr unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten an – von der Medizin über die Psychologie bis hin zur Neuroinformatik oder -mathematik. Daher sollten natürlich die persönlichen Interessen und Begabungen, aber auch berufliche Ziele den Ausschlag geben.

"Als Orientierungshilfe zur Wahl des Standortes kann es auch helfen, sich das neurowissenschaftliche Umfeld der Universität anzuschauen. In der Regel sind im regionalen Nahbereich der Hochschulen bedeutende Institute und Forschungseinrichtungen vertreten", sagt Herbert Zimmermann vom Institut für Zellbiologie und Neurowissenschaften der Johann Wolfgang Goethe- Universität Frankfurt.

5. Welche Fördermöglichkeiten gibt es für das Studium? Viele Studenten haben die Möglichkeit, sich das Studium über ein Stipendium finanzieren zu lassen, das zum Beispiel von Wirtschaftsunternehmen, aber auch Stiftungen vergeben wird. Für eine solche Förderung sind nicht nur gute Noten Ausschlag gebend, sondern auch Begabung, Engagement und eine besondere Eignung für das Fach. Im Gegensatz zum Bafög müssen Stipendien nicht zurückgezahlt werden. Manchmal wird auch nur Büchergeld erstattet. Neben politischen und kirchlichen Stiftungen sowie den Stiftungen der Parteien gibt es auch an Universitäten oder Fachbereiche gebundene Fördergelder.

6. Kann ich an den Bachelorabschluss einen Master anschließen? Wer einen fachbereichsnahen Bachelorabschluss hat, kann in der Regel einen Master anschließen – das gilt für die Geistes-, die Naturwissenschaften sowie Medizin und Psychologie. Ein Bachelorabsolvent kann sich mit einem Masterstudium neu orientieren und seine Kenntnisse vertiefen.

7. Wird der Bachelorabschluss auch im Ausland anerkannt? Ein Bachelorabschluss garantiert nicht die Aufnahme an einer nationalen oder internationalen Universität, denn jeder Studiengang stellt unterschiedliche Anforderungen. Jedoch erfüllt der deutsche Bachelorabschluss internationale Ansprüche und sollte somit auch genügen, um zu einem anschließenden Masterstudium im Ausland zugelassen zu werden.

8. Kann man mit einem Bachelor direkt in den Beruf einsteigen? Weil die Universitäten erst seit ein paar Jahren auf Bachelor und Master umgestellt haben und die Neurowissenschaften ein noch junges Fachgebiet sind, gibt es keine Erfahrungen dazu, welche beruflichen Perspektiven der Bachelorabschluss in den Neurowissenschaften erschließt. Theoretisch bildet der Bachelor jedoch für den direkten Einstieg in den Beruf aus. Ein mögliches Arbeitsfeld bietet zum Beispiel die Pharmaindustrie, denkbar ist aber auch eine Stelle als technischer Assistent oder Arbeitsgruppenleiter in Versuchsplanung, Daten- und Literaturverwaltung sowie Datenrecherche und Datenauswertung.

"Für eine wissenschaftliche Laufbahn ist ein anschließendes Masterstudium jedoch unausweichlich", glaubt Michael Schütte, Fachstudienberater für den Studiengang Philosophie-Neurowissenschaften-Kognition an der Universität Magdeburg bis März 2008. De Facto dient der Bachelor in den Neurowissenschaften daher als Eintrittskarte zur weiteren wissenschaftlichen Ausbildung.

9. Wie sind die Berufschancen nach Abschluss des Studiums? Es gibt kein klares Berufsbild für Absolventen der Neurowissenschaften. Denkbar sind neben einer Karriere in Forschung und/oder Lehre auch Tätigkeiten in der klinischen Praxis, in der Wissenschaftspublizistik oder in der Pharmaindustrie. Der Master ist die Voraussetzung für eine Dissertation und damit eine weitere Karriere in der neurowissenschaftlichen Forschung. Die thematische Spezialisierung bei der Promotion entscheidet meist über das künftige Berufsfeld.

"Da ergeben sich Möglichkeiten über das ganze Spektrum der Neurowissenschaften, von den Grundlagen bis hin zu den klinisch orientierten Fächern", erklärt Hannsjörg Schröder, Organisator des Studiengangs Neurowissenschaften an der Universität zu Köln.

10. Wie und wo kann man sich über das Fachgebiet und das Studium weiter informieren? Zunächst einmal auf den Internet-Seiten der Hochschulen: Hier gibt es Informationen zu den inhaltlichen Schwerpunkten, der Gliederung des Studiums, der Studiendauer und den formalen Anforderungen sowie Forschungsschwerpunkten der beteiligten Institute. Als nächster Schritt empfiehlt es sich, ein Beratungsgespräch mit einem Koordinator des gewünschten Studiengangs zu vereinbaren oder an Informationsveranstaltungen teilzunehmen – auch um mögliche falsche Erwartungen aus dem Weg zu räumen. Meist ist es möglich, vor der Bewerbung um einen Studienplatz eine Vorlesung nach Rücksprache mit den Dozenten zu besuchen.

Laut Matthias Schulze-Bünte, Studienberater für Kognitive Linguistik der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, "steht es jedem frei, vor Aufnahme eines Studiums an einer universitären Veranstaltung teilzunehmen und anhand dieser Erfahrung zu entscheiden, ob man sich ein solches Studium vorstellen kann".
Erika Engelhardt

Gesprächspartner:
Prof. Dr. Michael Hörner, Studienfachberatung "Neurowissenschaften", Georg-August-Universität Göttingen, Tel.: 0551/39-12307, Web: www.gpneuro.uni-goettingen.de

Prof. Dr. Markus Knauff, Professor an der Justus-Liebig-Universität Gießen, Stellvertretender Vorsitzender der Gesellschaft für Kognitionswissenschaft e.V., Web: www.gk-ev.de

Saskia K. Nagel, Institut für Cognitive Science Universität, Osnabrück, Web: www.uni-osnabrueck.de

Prof. Dr. Michael Pauen, Professor für die Philosophie des Geistes, Humboldt-Universität zu Berlin, Tel.: 030/2093-2843, Web: www.philosophie.hu-berlin.de

Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth, Direktor am Institut für Hirnforschung, Universität Bremen, Tel.: 0421/218 3692, Web: www.ifh.uni-bremen.de/roth

Prof. Dr. Hannsjörg Schröder, Studienfachberatung "Neurowissenschaften", Universität zu Köln, Tel.: 0221/478-5000, Web: www.uni-koeln.de

Dr. Matthias Schulze-Bünte, Studienfachberatung "Kognitive Linguistik", Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, Tel.: 069/798-32390, Web: www.uni-frankfurt.de

Dr. Michael Schütte, Studienberatung "Philosophie-Neurowissenschaften-Kognition", Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Tel.: 0391/67 16985, Web: www.ovgu.de/studium.html

Prof. Dr. rer. nat. habil. Gerald Wolf, Direktor des Instituts für Medizinische Neurobiologie, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Tel.: 0391-6714276, Web: www.uni-magdeburg.de

Prof. Dr. Herbert Zimmermann, Professor am Institut für Zellbiologie und Neurowissenschaft, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, Tel.: 069/798-29602, Web: www.bio.uni-frankfurt.de

Stand: März 2008

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