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Kommentare - - Seite 1

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  • Planetarische Grenzen beachten ist human, grenzenlose Energie-Utopie ist inhuman

    16.02.2018, Dr Wolfgang Epple
    Es ist gerade nicht inhuman, die planetarischen Grenzen für menschliche Entwicklung und menschliches Schaffen ins Bewusstsein zu rufen. Und es ist geradezu inhuman, diese Grenzen nicht sehen zu wollen. Eine Reduktion von Wohlstand auf die Flussdichte nutzbarer Energie blendet die wesentlichen Faktoren der Ökologischen Krise des Planeten nahezu vollständig aus. Erinnert sei Hans Jonas, 1979, Prinzip Verantwortung; dort wörtlich: "Die Bevölkerungsexplosion (...) nimmt dem Wohlfahrtsstreben das Heft aus der Hand und wird eine verarmende Menschheit um des nackten Überlebens willen zu dem zwingen, was sie um des Glückes willen tun oder lassen konnte: zur immer rücksichtsloseren Plünderung des Planeten, bis dieser sein Machtwort spricht und sich der Überforderung versagt.“
    Dem wäre nach annähernd vier Jahrzehnten nicht viel hinzuzufügen.

    Die Verschiebung der Themenschwerpunkte des heutigen Mainstreams - vor allem geprägt vom Hype um die Klimaerwärmung und den Glauben an technische Lösungen - ist für sich genommen kein Beleg für eine Änderung der komplexen ökologischen und ökonomischen Fakten, um die es geht. Eine insgesamt naturgefährdende Verschiebung der Wahrnehmung hat eingesetzt: Mangelnde historische Tiefe prägt das "Verständnis" von Natur der jetzigen jungen Generation. Die Wildnisse der Erde werden verabschiedet, Kulturlandschaften beschädigt, Naturschutz gerät in Vergessenheit, die Zukunft wollen wir rein technologisch bewältigen. Ein insgesamt zu kurzer Sprung am Rande des Abgrundes, der noch immer und verschärft gähnt.

    Vor der zahlenmäßig überbordenden Menschheit hat man offensichtlich kapituliert, bzw. es ist im Moment politisch unkorrekt, diesen umfassenden und tieferen Grund vieler Armuts- und Gerechtigkeits-Probleme überhaupt nur zu thematisieren.

    Die Sprengung des anthropozentrischen Standpunktes aber wird zur dringlichsten Frage der Zukunft des Lebens auf der Erde. Der Wohlstand zukünftiger Generationen misst sich nicht "eigentlich" an der Flussdichte nutzbarer Energie. Er wird sich vielmehr darin niederschlagen, wieviel von der Fülle des außermenschlichen, Grundlage bietenden Lebens und der "Schönheit" des Planeten in die Zukunft gerettet werden kann - wohlgemerkt: Diese nicht nur verstanden als Warenlager und Selbstbedienungsladen des Menschen, sondern als seine "Heimat", sein Habitat, seine ihm überantwortete, ihn behütende, bewahrende und erfreuende Mitwelt: Das wäre die Reise zum innerlich vertieften Wohlstand - vom Umwelt-Begriff zum Mitwelt-Empfinden, von der Menschlichkeit über die Mitmenschlichkeit zur Mitgeschöpflichkeit - und darüber hinaus. Die Menschheit braucht nicht nur eine Energie- und Ressourcen-Wende, sie bräuchte eine im Wortsinne grundlegende Ethik-Wende.
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