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  • Wissenschaftskommunikation und Diskurse in der Wissenschaft - zwei Felder mit verschiedenen moralischen Maßstäben

    17.03.2018, Ernst Meier
    Lieber Herr Ebert,

    wissenschaftliche Erkenntnisse sind erst einmal nicht gut oder böse. Wie man sie aber in die Öffentlichkeit kommuniziert, kann auch unter moralischen Gesichtspunkten gut oder schlecht bzw. richtig oder falsch sein.

    So bin ich der Auffassung, dass man den wissenschaftlichen Kenntnisstand zu einem Thema - gerade zu einem, bei dem es um Frage der Gefährdung menschlicher Gesundheit und menschlichen Lebens geht - nicht nur "nicht falsch" sondern auch dem Kenntnisstand entsprechend angemessen, ausgewogen und nicht für Laien potentiell irreführend wiedergeben sollte.

    Ein Beispiel aus Ihrem Text: "Dass Menschen ihren Anteil am Klimawandel haben, gilt inzwischen als wissenschaftlich unbestritten. Wie groß dieser Anteil aber ist; [...] ist wissenschaftlich nicht eindeutig zu beantworten."

    Das ist tatsächlich, wörtlich genommen, nicht falsch. Es ist aber für Laien potentiell irreführend, weil der Eindruck entsteht, der Anteil sei geringer als das Ganze, vielleicht sogar nur relativ klein. Wenn Sie aber in den fünften Weltklimabericht schauen, können Sie dort lesen, dass der Mensch nach "besten Schätzungen" den gegenwärtigen Klimawandel "vollständig" verursacht, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die dominante Ursache ist. (Das bedeutet, dass andere Faktoren, wie z.B. die derzeit schwächere Wirkung der Sonne, sogar einem Teil der Erwärmung entgegengewirkt haben könnte, der menschliche "Anteil" also mehr als 100 % beträgt.)

    Eine, auch moralisch gesehen, etwas bessere Formulierung wäre z.B.: "Dass die menschliche Aktivität die dominante Ursache des derzeitigen Klimawandels ist, ist klar. Inwieweit andere Faktoren derzeit einen Anteil haben, der die Erwärmung verstärkt oder ihr sogar entgegengewirkt hat, ist wissenschaftlich noch nicht klar beantwortet."

    Innerhalb einer Wissenschaftsdisziplin sollte ein Konsens keine große Rolle spielen. Bei der Frage, wie die Öffentlichkeit und Politik mit den Ergebnissen der Wissenschaft umgehen, hingegen sehr wohl.

    Kurz: Man darf bei der Frage, welche Rolle Moralurteile spielen, nicht den Diskurs innerhalb der Wissenschaft mit der Wissenschaftskommunikation nach außen in die Öffentlichkeit (dazu rechne ich ihre Beiträge) und mit dem Umgang in Öffentlichkeit und Politik mit wissenschaftlichen Erkenntnissen über einen Kamm scheren. Hier gibt es unterschiedliche Maßstäbe.
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