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  • Die Astronomie an allgemeinbildenden Schulen ist nicht verschwunden, sie wird nur zu selten genutzt

    21.12.2020, Silvio Henker, Sportgymnasium Dresden

    Mit großem Interesse las ich in der Ausgabe 01/2021 das Interview mit Herrn Lutz Clausnitzer zum Thema Astronomie in der Schule. Dazu möchte ich Ihnen als treuer Leser von Sterne und Weltraum gern ein paar Zeilen zukommen lassen.

    Als astronomiebegeisterter Physik- und Geographielehrer an einem Dresdner Gymnasium habe ich das Glück, alle noch im Sächsischen Lehrplan vorkommenden Astronomieinhalte unterrichten zu dürfen. In den Geographieunterricht integriert ist dabei der Aufbau des Sonnensystems, die Bewegung der Erde und die Entstehung der Gezeiten und Jahreszeiten. Im Physikunterricht der Klasse 6 lernen SchülerInnen die astronomischen Grundlagen von Mond- und Sonnenfinsternis kennen. Den größten Anteil machen etwa 18 Wochenstunden in der Klassenstufe 10 innerhalb des Physikunterrichts zur eigentlichen Astronomie aus. Das ist recht knapp, ich nehme mir dafür in meinen Klassen etwas mehr Zeit, muss aber an dafür an anderer Stelle kürzer treten.

    Laut Lehrplan erreicht also jeder Lernende durchaus auch ohne ein eigenständiges Unterrichtsfach ein gutes astronomisches Grundwissen - sofern die FachlehrerInnen den astronomischen Inhalten genügend Raum in ihren Stoffverteilungsplänen geben.

    Die Astronomie hat an meiner Schule, obwohl es sich um ein Sportgymnasium handelt, einen hohen Stellenwert. Wir veranstalten Beobachtungsabende mit teils über 100 interessierten SchülerInnen, Geschwistern und Eltern und beobachten live im Unterricht, etwa die letzte Sonnenfinsternis oder Venus- und Merkurdurchgänge. Alle SchülerInnen der 10 Klasse fertigen ein astronomisches Beobachtungsprotokoll an.

    Das Interesse der Schüler zeigt sich auch an gewählten Themen der wissenschaftlichen Arbeiten. Jeder Schüler muss bis zum Abitur eine größere Arbeit zu einem selbstgewählten Schwerpunkt anfertigen. Astronomische Themen sind dabei sehr beliebt.

    Ich denke, dass Astronomie als Unterrichtsfach eine Sicherungsfunktion erfüllt. Es würde die astronomische Wissensvermittlung SICHERSTELLEN. Momentan ist sie durchaus möglich, hängt aber noch zu stark von den Vorlieben der Fachlehrer ab.

    Auch ich würde mir ein eigenständiges Fach Astronomie wünschen und wäre bestimmt der erste, der sich für das Zusatzstudium anmelden würde. Im offenen Brief zur Astronomie vermisse ich jedoch ein Angebot der Unterzeichner, wie das zusätzliche Stundenvolumen erzeugt werden soll. Erst im August 2019 wurde in Sachsen die Stundentafel aufgrund der vergleichsweise hohen Lernbelastung gekürzt, so dass einige Fächer mit weniger Stunden auskommen müssen. Wer sollte nun noch für die Astronomie Stunden abgeben? Eine Erhöhung des Stundenvolumens ist erst recht unwahrscheinlich.

    Für realistischer halte ich es, die in den Fächern Geographie und Physik verteilten astronomischen Inhalte von der fakultativen auf die verpflichtende Seite des Lehrplans zu holen. Auch sollte es mehr Fortbildungsangebote für die Lehrkräfte geben. Gleichzeitig sollten die FachlehrerInnen ermutigt werden, z.B. durch die FachberaterInnen, öfter astronomische Inhalte in ihren Unterricht einzubauen. Gerade in Physik ist das bei vielen Themen möglich - Energieversorgung, Kräfte, elektromagnetische Wellen, Licht usw. Das Interesse der Schüler ist dafür auf jeden Fall da.

    Eine weitere Möglichkeit bietet der fächerverbindende Unterricht. Zwei Wochen im Schuljahr können unabhängig vom Lehrplan für verschiedenste Themen genutzt werden. Würde hier in der Klassenstufe 9 oder 10 die Astronomie platziert und von Geographie- und PhysiklehrerInnen betreut werden, wären das fast so viele Stunden wie für ein eigenständiges Fach.

    Der offene Brief an die Bildungspolitik ist sicherlich einen Versuch wert, die Aussicht auf Erfolg jedoch gering. Aber es gibt eben auch zahlreiche andere Möglichkeiten, die Begeisterung für das Universum bei unseren SchülerInnen zu wecken und zu fördern.
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