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  • Ist die Dunkle Materie doch normale Materie ?

    07.01.2021, Hans-Jürgen Schreyer, Kehlbach

    Da es bis heute nicht möglich ist Teilchen wie WIMPs zu entdecken bzw. nachzuweisen ( Siehe Sterne und Weltraum 1/2021, Seite 19 ), aber gleichzeitig allein in der Sonnenumgebung sich sehr viel leuchtschwache Braune Zwerge und kühle Rote Zwerge aufhalten ( Siehe Sterne und Weltraum 1/2021, den tollen Artikel über Gaia, Seite 31 ), stellt sich mir die Frage, ob die Dunkle Materie nicht mit ganz normaler Materie erklärt werden kann. Dazu kommt eine immer größere Anzahl Schwarzer Löcher ( Siehe Sterne und Weltraum 11/2020, Seite 21 ), die durch Gravitationswellendetektoren entdeckt werden. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass es sehr viele Schwarze Löcher im Universum geben muss. Auch Neutrinos haben eine Masse, wenn auch nur extrem klein ( Siehe Sterne und Weltraum 1/2021, Seite 21 ). Und es gibt fast unendlich viele Neutrinos. Kann die fehlende Masse, also Dunkle Materie im Universum, nicht mit, für uns, unsichtbarer normaler Materie erklärt werden ?

    Stellungnahme der Redaktion

    Diese Frage ist seit der Entdeckung der ersten Anzeichen für die Dunkle Materie vor inzwischen über 80 Jahren von Profis wie Laien immer wieder aufgeworfen und von den Profis immer wieder intensiv diskutiert worden. Herr Schreyer hat diese Frage in kluger Weise für die aktuelle Situation neu formuliert. Die kurze Antwort besteht heutzutage aus drei Teilen:

    1.) Die von Herrn Schreyer angeführten laufenden Entdeckungen von zusätzlichen Komponenten normaler Materie sind um viele Zehnerpotenzen (wirklich viele!) zu wenig, um die fehlende Gravitation in Galaxien und Galaxienhaufen zu erklären. Auch die noch gar nicht alte Entdeckung von Millionen Grad heißem Gas in und um Galaxienhaufen, die den Gesamtbestand an bekannter normaler Materie mehr als verdoppelt hat, ist für die Dunkle Materie nicht ausschlaggebend. Sie hat eher ein bekanntes Defizit an normaler Materie beseitigt als dass sie den vermuteten Bestand vergrößert hätte (siehe unten, 3.).

    2.) Die Neutrinos sind als wesentlicher Bestandteil der Dunklen Materie vollkommen auszuschließen, egal wie viele es davon geben könnte, da sie die falschen Eigenschaften besitzen. Aufgrund ihrer geringen Masse sind sie grundsätzlich nahezu lichtschnell. Sie können sich deshalb nicht in Schwerkraftmulden versammeln, sondern fliegen stets einfach hindurch. Genau das aber, sich in Schwerkraftmulden zu sammeln und diese dadurch zu vertiefen, ist eine der wichtigsten "Funktionen" der Dunklen Materie: Ohne ganz viel Masse in Form von langsamen Teilchen (langsam im Vergleich zur Lichtgeschwindigkeit) ist es nicht möglich, in wenigen Milliarden Jahren nach dem Urknall die großen Galaxien und Galaxienhaufen, die wir heute im Universum beobachten, aus der homogenen "Ursuppe" zusammenzufegen, die wir mit der kosmischen Hintergrundstrahlung 400 000 Jahre nach dem Urknall sehen.

    Wie durchschlagend dieses zweite Argument ist, kann in einem kurzen Text nicht verdeutlicht werden. Diese Behauptung wirklich verständlich zu begründen würde einen 10-seitigen Hauptartikel in SuW benötigen.

    3.) Das heutzutage aber noch durchschlagendere Argument ist das dritte. Es ist der Grund, weshalb Herrn Schreyers Frage in der Fachwelt heute nicht mehr wirklich diskutiert wird, und wohl auch in Zukunft nicht mehr diskutiert werden wird. Wenn das Universum zu 25-30 Prozent der kritischen Dichte mit normaler Materie erfüllt wäre - das ist der Inhalt der Frage! - dann wäre die chemische Zusammensetzung der "Ursuppe" eine völlig andere als wir sie tatsächlich beobachten. Auch dieses Argument kann nicht in kurzer Form vollständig dargelegt werden. Die Häufigkeitsverhältnisse von Wasserstoff, Deuterium, Helium-3 und Helium-4 im Universum sind mit 25-30 Prozent normaler Materie einfach nicht zu kriegen, sondern verlangen definitiv etwa 4-5 Prozent der kritischen Dichte.

    Ulrich Bastian

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