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  • DART-Einschlag auf Didymos/Dimorphos - quantitativ betrachtet

    22.11.2022, Dr. Manfred Fürsich, Oberhaching
    Eine besser lesbare (weil mit korrekten mathematischen Schreibweisen in ordentlichem Schriftsat wiedergegebene) Version dieses Leserbriefs findet sich unter

    www.fuersich-neuburg.de/assets/leserbrief-manfred-fuersich.pdf

    In Ihrem Artikel „Einschlag auf Dimorphos“ im Heft 12/2022 berichten Sie von einer NASA-Mission, bei der der Asteroid Dimorphos durch den Einschlag der Raumsonde Dart abgebremst wurde. Durch folgende physikalische Betrachtungen kann man ein besseres Verständnis dieses Experiments bekommen:
    mDart = 570 kg
    mDimorphos = 4,8 10^9 kg
    vDart = 6,15 km/s
    Die Geschwindigkeitsänderung des Asteroiden Dimorphos wurde verursacht
    a) durch den Impulsübertrag der Raumsonde
    Δv1 = vDart * mDart / mDymorphos = 0,7 mm/s
    b) durch den Impuls des ausgestoßenen Materials
    Δv2 = vausg * mausg / mDimorphos
    Die von der Raumsonde übertragene kinetische Energie beträgt
    Ekin = ½ * mDart * vDart2 = 1,08 10^10 J
    Diese Energie wurde umgewandelt in
    - Erwärmung des Asteroiden
    - Ausstoßung von Material der Menge mausg und der mittleren Geschwindigkeit vausg
    Annahme: 80 % der Energie ging in das ausgestoßene Material
    Eausg = 0,8 * Ekin = 8,6 10^9 J =1/2 * mausg *vausg2
    Es kann nun sein, dass eine kleine Materialmenge mit hoher Geschwindigkeit oder eine größere Materialmenge mit moderater Geschwindigkeit ausgestoßen wurde. Dies macht aber einen entscheidenden Unterschied. Die Abbremsung des Asteroiden ist viel effektiver, wenn die ausgestoßene Masse groß und die Ausstoßgeschwindigkeit moderat ist, wie man an der folgenden Tabelle sieht:
    Drei Spalten:
    1) Mittlere Geschwindigkeit des ausgestoßenen Materials vaus,
    2) daraus berechnete Ausstoßmasse Mausg,
    3) Veränderung der Geschwindigkeit von Dimorphos Komponente Δv2

    3 km/s 1,9 Tonnen 1,18 mm /s
    1,8 km/s 5,4 Tonnen 2,04 mm/s
    1 km/s 17 Tonnen 3,5 mm/s
    300 m/s 188 Tonnen 11 mm/s

    Es stellt sich nun die Frage, welche Zeile dieser Tabelle zum Dart-Experiment passt.
    Einen ersten Hinweis gibt die Aussage in Ihrem Artikel, dass die Staubwolke nach einer Stunde die Größe des Erddurchmessers erreicht hat. Daraus lässt sich die mittlere Geschwindigkeit des ausgestoßenen Materials abschätzen:
    Vausg = rErde /t = 6300 km / 1 Std = 1,75 km/s
    Ein Blick in obige Tabelle zeigt, dass damit Δv2 etwa bei 2 mm/s liegt.
    Als zweites kann man die beobachtete Änderung der Umlaufszeit von Dimorphos betrachten:
    vor dem Einschlag T0=11 Std. 54 Min
    nach dem Einschlag T1= 11 Std. 25 Min
    Die Bahn von Dimorphos um den größeren Asteroiden Didimos ist kreisförmig. Durch den Einschlag der Raumsonde Dart wird daraus eine schwach ausgeprägte Ellipse.
    Der Abstand zwischen den beiden Asteroiden beträgt 1100m.
    Große Halbachse vor dem Einschlag a0 = 1100 m
    Nach dem 3. Keplerschen Gesetz ergibt sich dann:
    Große Halbachse nach dem Einschlag a1 = a0 * (T1 / T0)^(2/3) =1070 m
    In „de.wikipedia.org/wiki/Zweikörperproblem“ findet man die folgende Formel, die einen Zusammenhang zwischen der großen Halbachse und der Energie der sich umkreisenden Körper beschreibt:
    E=Ekin+Epot = - G*m_1*m_2/2/a
    G = 6,67 10^(-11) m^3/kg/s^2 Gravitationskonstante
    m_1=mDimorphos = 4,8 10^9 kg
    m_2=mDidimos = 5,2 10^11 kg
    a= vor Einschlag a0 = 1100 m nach Einschlag a1 = 1070 m
    Am Scheitelpunkt der Ellipsenbahn gilt
    Epot1 = Epot0 (Am Scheitelpunkt erreicht Dimorphos vor und nach dem Einschlag dieselbe Höhe.)
    Ekin1 < Ekin0 (Am Scheitelpunkt ist Dimorphos nach dem Einschlag langsamer.)
    Aus diesen Angaben kann man nun die Geschwindigkeitsveränderung von Dimorphos berechnen mit dem Ergebnis: ΔvDimorphos = 2,74 mm/s
    Diese Geschwindigkeitsänderung setzt sich zusammen aus
    Δv1 = 0,7 mm/s verursacht durch den Impulsübertrag der Raumsonde
    Δv2 = 2,04 mm/s verursacht durch den Rückstoß des ausgestoßenen Materials
    Die Analyse der expandierenden Staubwolke und die Analyse der geänderten Umlaufszeit passen also gut zusammen.
    Die Abbremsung eines Asteroiden funktioniert also umso besser, je größer die ausgestoßene Materialmenge ist, wobei es akzeptabel ist, dass die Geschwindigkeit des ausgestoßenen Materials dabei dann eher moderat ist.
    Solange keine echte Bedrohung eines Asteroideneinschlags bekannt ist, erscheint das Ganze als eine Spielerei von Weltraumbegeisterten. Sollte aber eines Tages doch ein Asteroid auf Kollisionskurs entdeckt werden, so wird es dramatisch. Es kann gut sein, dass man sich mit dem Umlenken dieses Asteroiden am Rande des technisch Machbaren bewegen wird. Dann ist es wichtig, jede Möglichkeit der Optimierung zu nutzen.
    Ziel bei der Gestaltung des Aufprallkörpers muss es sein, eine möglichst große Materialmenge vom Asteroiden auszuwerfen. Man kann dem Aufprallkörper den Charakter einer Gewehrkugel, einer Schrotladung oder eines Dampfstrahlers geben. Zudem ist zu berücksichtigen, wie die Oberfläche des Asteroiden aufgebaut ist – Geröll oder glatte harte Oberfläche.
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