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Tagebuch: Das Jahr der Mathematik ist eröffnet

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Die Ministerin rief, und alle kamen: Annette Schavan hat am Mittwoch feierlich das Jahr der Mathematik eingeläutet. Überall findet die Tagespresse freundliche Worte für das ansonsten gefürchtete Fach, und die Mathematiker – mich eingeschlossen – haben allen Anlass zum Jubeln.

Podiumsgespräch zur Eröffnungsveranstaltung | Von links nach rechts: Moderator Karsten Schwanke, Gerold Wefer, Vorsitzender des Lenkungsausschusses der Initiative "Wissenschaft im Dialog", Günter M. Ziegler, Präsident der Deutschen Mathematiker-Vereinigung, und Klaus Kinkel, Vorsitzender der Telekom-Stiftung. Auf die Rückwand des Festsaals projiziert: geometrische Konstruktionen zur Gliederung der Wand
Natürlich ist es ein Akt der Willkür, irgendeinem Jahr das Etikett "Mathematik" anzuheften, ebenso wie es in den vergangenen acht Jahren anderen Wissenschaften erging. Dieses Mal hat die Telekom-Stiftung die Entscheidungsfindung im Ministerium wohl sehr befördert und auf die fünf Millionen Euro Staatsknete noch zwei Millionen draufgelegt. "Mathematik ist die Mutter aller Schlachten", pflegt der Stiftungsvorsitzende Klaus Kinkel das Engagement seines Hauses kurz zu begründen (die Langfassung der Begründung verweist auf die technologische Spitzenposition Deutschlands, die es zu erhalten gilt). Und nun gelte es die "großen Zampanos" zu aktivieren, die die Mathematik aktiv unters Volk bringen. Denn die Liebe zum Geistigen und Abstrakten kommt in der Regel nicht auf den ersten Blick.

Plakat zum Jahr der Mathematik
Und siehe da: Die großen und kleinen Zampanos erscheinen in überraschend großer Zahl. Auf den Aufruf, sich als "Mathemacher" registrieren zu lassen (dieser und andere Links siehe Linkleiste), haben bereits jetzt über 300 Leute reagiert. Eine überraschend hohe Anzahl von Veranstaltungen wird angeboten, das Schiff "MS Wissenschaft" mit 600 Quadratmetern Ausstellungsfläche tuckert durchs Land, das Heinz-Nixdorf-Forum in Paderborn zeigt ab dem 1. Februar die Ausstellung "Zahlen, bitte! Die wunderbare Welt von null bis unendlich".

Anfang November wird das Deutsche Technikmuseum in Berlin die groß angelegte Ausstellung "Mathema – Ist Mathematik die Sprache der Natur?" eröffnen. Weitere Events sind noch in der Planung.

Die Organisatoren haben sich dafür entschieden, nicht aus Anlass des Jahrs der Mathematik völlig neue, spektakuläre – aber dann vielleicht auch kurzlebige – Aktionen ins Leben zu rufen, sondern bewährte Strukturen wie den Bundeswettbewerb Mathematik, die Mathematik-Olympiade und das "Känguru der Mathematik" zu stützen.

Die große Abendveranstaltung zeigt die Schönheit der Mathematik in vielerlei Gestalt: im Kampagnenfilm, im Festvortrag (vom Fraktal-Altmeister Heinz-Otto Peitgen), in den algebraischen Flächen von Herwig Hauser, die als Bestandteil der Ausstellung "Imaginary2008" zu sehen sind, vor allem aber in Gestalt von "Germany's Next Topmodel". (So lerne ich Fernsehbanause, dass es eine sehr populäre Sendung dieses Namens gibt …) Die 21-jährige Barbara Meier stellt sich als "Botschafterin der Mathematik" zur Verfügung – sie studiert ja auch Mathematik an der Fachhochschule Regensburg – und trifft auf reges Interesse).

Schönheit der Mathematik | Die Mathematik-Professoren Hans-Georg Weigand aus Würzburg (links) und Peter Gritzmann von der TU München freuen sich über die Zuwendung von Germany's Next Topmodel Barbara Meier.

Schönheit der Mathematik 2 | Treffen der Gleichaltrigen: Zwei Sieger des Bundeswettbewerbs "Jugend forscht" und Mathematikstudentin Barbara Meier
Ob man denn mit der Plakatkampagne auch Mathematik unters Volk bringen möchte? Was denn die Beschriftungen auf dem Plakat mit dem Skater zu bedeuten hätten? Auf der Pressekonferenz am Mittwochmittag gibt Günter M. Ziegler auf der Stelle Auskunft: "Eingezeichnet ist die Bahnkurve F(t) des rollenden Bretts, die Ableitung F'(t) ist kleiner als null, denn es geht abwärts, und zwar um 162 Zentimeter, und nach dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung … Aber das müssen wir an dieser Stelle vielleicht nicht vertiefen" – und Erleichterung geht durch die Reihen der versammelten Journalisten.

Christoph Pöppe
Redakteur Spektrum der Wissenschaft

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