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Tagebuch: Grünes Licht für grünes Licht

Chefredakteur Breuer
Die Freude war ihm anzumerken, vor einigen Wochen. Im Dezember 2010 steht Stephan Lutgen auf der Bühne des Festsaals in der Münchner Residenz und berichtet über eine aufregende Entwicklung, für die er gerade den Beckurts-Preis 2010 erhalten hat. Ihm und seinem Team bei der Regensburger Firma Osram Opto Semiconductors ist es vor kurzem gelungen, einen Laser zu entwickeln, der grünes Licht abstrahlt. Die Anwendungen, die diese Erfindung ermöglicht, werden demnächst in Handys, Kameras und Kleinstprojektoren einfließen. In "Spektrum der Wissenschaft" werden die Forscher über ihre Arbeit im Detail berichten.

Grüne Laser für weißes Licht

Grüner Laser | Eine grüne Laserdiode, entwickelt von Désirée Queren, Stephan Lutgen und Adrian Avramescu von Osram Opto Semiconductors.
Wer glaubt, die Entwicklung eines grünen Lasers könne doch nicht weiter schwierig sein – schließlich gebe es ja schon geraume Zeit rote (CD-Player!) und blaue Laser (Blu-Ray-Player!) –, der irrt. "Noch vor drei Jahren", berichtet Lutgen, "wurden grüne Laser für unmöglich gehalten" (siehe den Artikel Pioniere unter den grünen Minilasern aus der Februar-Ausgabe 2010, den wir für Sie freigeschaltet haben).

Das sollte sich ändern. Aber zuerst: Wozu braucht die Welt grüne Laser? Schon die elementaren Gesetze der Optik lehren, dass sich jede Farbe des sichtbaren Spektrums aus den drei Komplementärfarben blau, rot und grün zusammensetzen lässt, auch das weiße Licht. Mit den zwei Laserlicht-Grundfarben rot und blau ist eine universelle Lichtquelle nicht wirklich zu schaffen, ergo fehlt grün.

Das wissen natürlich alle Optoelektroniker weltweit, und so kam es zu einem internationalen Wettrennen. Ziel ist es, als erster ein ausgereiftes System in die Alltagselektronik einbringen zu können, vor allem in Projektoren aller Art. Und offenbar ist es dem Team in Regensburg – Désirée Queren, Stephan Lutgen und Adrian Avramescu – im letzten Jahr der Durchbruch gelungen.

Preiswerte und hochwertige Projektoren

Désirée Queren, Adrian Avramescu und Stephan Lutgen gemeinsam mit Reinhard Breuer | Das Team, Désirée Queren, Adrian Avramescu und Stephan Lutgen, mit Reinhard Breuer (von links nach rechts) bei der Verleihung des Karl Heinz Beckurts-Preises
Für viele Anwendungen ist dies ein Meilenstein. Der neue Laser wird beispielsweise in ultrakompakten mobilen RGB-Laserprojektoren neue Märkte erschließen. Die Verfügbarkeit von sehr kleinen und kostengünstigen roten, blauen und grünen Halbleiterlasern ist entscheidend für die Verbreitung der RGB-Laserprojektion in großem Maßstab.

Die Laserdioden ermöglichen die Fertigung von kostengünstigen, kompakten und effizienten Pico-Projektoren, die in mobilen Geräten wie Smartphones oder Digitalkameras integriert werden können. Die Eigenschaften sind bestechend: Aufgrund der besonderen Strahleigenschaften von Lasern verfügen diese Projektoren über eine unbegrenzte Tiefenschärfe und eine extrem hohe Bildauflösung, die noch über die der LED-Lösungen hinausgeht. Die geringe spektrale Bandbreite der Halbleiterlaser ermöglicht eine naturgetreue Darstellung von Farben sowie gestochen scharfe Kontraste.

Komplexe Entwicklung mit bemerkenswertem Erfolg

Die Physik hinter dieser Entwicklung ist reichlich kompliziert, und ich kann für ihr Verständnis nur den Spektrum-Artikel empfehlen, den die drei Forscher gerade noch schreiben. Erst 2006 begann das Team zunächst mit der Entwicklung von blauen Laserdioden für Laserprojektoren, die inzwischen schon in ersten Geräten auf dem Markt eingebaut werden. Auf Grundlage ihrer dabei gewonnenen Erkenntnisse mit einem raffinierten Schichtsystem aus Indium-Gallium-Nitrid (InGaN) schaffte es das Team nun innerhalb sehr kurzer Zeit, die Schallmauer hin zur längeren, grünen Wellenlänge von 500 Nanometer zu durchbrechen. Im Jahr 2009 schließlich gelang es den Forschern, grüne Laserdioden mit Wellenlängen oberhalb von 510 Nanometern mit optischen Leistungen von mehr als 50 Milliwatt herzustellen – ein Rekord.

Prototyp eines Picoprojektors mit grünem Laser | Der Projektor ist winzig, aber sein Bild bleibt ständig scharf. Désirée Queren, Adrian Avramescu und Stephan Lutgen (von links nach rechts) stellen ihn bei der Preisverleihung vor.
Nach der Preisverleihung stehen Stephan Lutgen und seine Kollegen noch mit mir zusammen – und ziehen einen Prototyp aus der Tasche: Gerade mal so groß wie ein Smartphone ist er, und Lutgen beleuchtet damit ein Stück Pappe (siehe Foto). Egal wie man es dreht und wendet, das Bild wird zwar verzerrt, bleibt aber immer scharf! Da wird schnell klar, dass wir demnächst solche Picoprojektoren auch in unseren Smartphones finden werden – und sie auch haben wollen!

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