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Tagebuch: Mathematik ist Leben

Die regelmäßige Schönheit der Sonnenblume
Ein Feuerwerk der Worte und Bilder zu Biomathematik im weitesten Sinne

Eigentlich lautet das Motto des Veranstaltungsorts eher umgekehrt: "Leben ist Mathematik" oder – nicht ganz so poetisch – "das Leben mit Mathematik begreifen". Das neue Forschungsnetzwerk "Bioquant" der Universität Heidelberg hat sich die quantitative Biologie zum Ziel gesetzt.

Aber zu ganz besonderen Feierstunden, wie zum Beispiel am vergangenen Montag, wenden die Forscher ihren Blick von Mikroskop und Computermonitor und lauschen einem Vortrag von Gero von Randow mit dem Titel "Mathematik ist Leben". Welch Labsal für die häufig belächelte, manchmal bewunderte, aber meistens unverstandene Mathematikerseele! Nicht umsonst hat der prominente Journalist von der "Zeit" 2002 den ersten Medienpreis der Deutschen Mathematiker-Vereinigung erhalten. In gewohnt geschliffener und pointenreicher Rede klärt er uns auf, dass sich die Wahrnehmung der Mathematik in der Öffentlichkeit zum Besseren wendet.

Mathematik in Hollywood

Für eine Talkshow zur Mathematik hat der Moderator zur Vorbereitung richtig viel gelesen und weiß dann zu erzählen, es sei Fermat gewesen, der als Erster die Existenz unendlich vieler Primzahlen bewies. Aber das Positive ist: Die Talkshow findet überhaupt statt, und es sitzen ausreichend Mathematiker auf dem Podium, die den Unfug auf der Stelle korrigieren können.

Auch im Kinofilm sind gewisse Fortschritte zu beobachten. Wurde in "Jurassic Park" der Mathematiker noch – eher versehentlich – vom Dinosaurier gefressen, stirbt er in "Code Breakers" immerhin einen berufsbezogenen Tod: Er wusste zu viel. "A beautiful Mind" zeichnet bereits ein insgesamt positives Bild seines Helden John Nash, auch wenn der Versuch, seine wesentliche theoretische Errungenschaft, den Begriff des Nash-Gleichgewichts, im Film darzustellen, jämmerlich missrät. Uneingeschränkt zu preisen sei die Comicserie "Die Simpsons" (na gut, vom Mathematikerstandpunkt; im Übrigen finde ich sie furchtbar); denn die Tochter des Hauses ist ein Mathematikgenie.

Womit zugleich dem Vorurteil, Mathematik sei Männersache, wirkungsvoll entgegengetreten wird. In der Tat ist die Mathematik an und für sich nicht nur geschlechtsneutral, sondern in jeder Hinsicht grundgesetzkonform: "Vor dem Beweis sind alle Menschen gleich", ob schwarz oder weiß, männlich oder weiblich, mit oder ohne Migrationshintergrund.

Kunst mit Zahlen

Von den vergnüglichen Worten geht es auf der Stelle zur Vernissage einer gleichfalls vergnüglichen Kunstausstellung. Franz Xaver Lutz, im Hauptberuf Maschinenbauingenieur, weiß mit dem Pinsel so souverän umzugehen wie mit dem geometrischen Zeichengerät und setzt in seinen Bildern beides zugleich ein. Da begegnen sich Hyperbelfische; ein Schneckenhaus zeigt augenfällig seine Invarianz gegenüber einer Drehstreckung, ein anderes mutiert unversehens zum Schneckengewinde; Sonne und Sonnenblume dienen als Projektionsfläche zur Darstellung der Fibonacci-Folge.
Ein mathematisches Kunstbuch / Ein künstlerisches Mathematikbuch | Der Künstler Franz Xaver Lutz (2. von links) überreicht dem Bundestagsabgeordneten Lothar Binding und seiner Frau Angelika, die beide in Heidelberg Mathematik studiert haben, ein signiertes Exemplar des Ausstellungskatalogs. Der Stifter Klaus Tschira (links) hat sich bereitwillig als Schreibunterlage zur Verfügung gestellt
Die Ausstellung ist bis zum 31. Juli montags bis freitags von 8 bis 19 Uhr zu besichtigen (Bioquant, Im Neuenheimer Feld 267, 69120 Heidelberg). Vom 18. August bis zum 26. September steht die Ausstellung im Fraunhofer-Zentrum in Kaiserslautern.

Christoph Pöppe

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