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Tagebuch: Nachricht aus Moskau (I)

Mein erster Russland-Aufenthalt wurde bereits am Flughafen zum kleinen Abenteuer. Auf dem Weg nach Dubna, zu einer Konferenz über Quantenfeldtheorie und komplexe Systeme ("Renormalization group and related topics"), bin ich am Sonntag mittag in Moskau gelandet. Dort fragte mich die Frau an der Passkontrolle erst einmal über meinen Flug und das Wetter in Deutschland aus. Auf Russisch, versteht sich. Nach meiner Bitte, sie möge doch langsamer sprechen – schließlich spreche ich zwar die Sprache, aber keinesfalls ganz fließend – wiederholte sie die Frage nur lauter, aber im gleichen raschen Tempo und so oft, bis ich endlich verstanden hatte.

Ich muss gestehen, dass ich mich angesichts dieses Blicks und des strengen Tonfalls schon verhaftet in einem Hinterzimmer gesehen hatte – Ängste, die einem unbegründeten Vorurteil entsprangen, wie sich schnell herausstellte. Aber ich hatte hier doch bereits Bekanntschaft mit der Geschwindigkeit Moskaus gemacht. Und diese ist atemberaubend. Die Rolltreppen der Metro sausen mit ungeheurer Geschwindigkeit in tiefste Tiefen, die Züge beschleunigen in Sekunden auf Maximalgeschwindigkeit, die Menschen sprechen im Zeitraffer. Da muss man erst einmal mitkommen.

Per Zug ging es dann Richtung Norden weiter nach Dubna, durch dichte Wälder voller Birken. Dubna, wie man mir erzählte, ist erst seit einigen Jahren wieder für Touristen geöffnet – davor war die Wissenschaftsstadt nur für russische und ausländische Wissenschaftler mit Ausweis betretbar – und für Anwohner, als einzige weitere Ausnahme.

Ich habe mich dann im Hotel gemeldet, auch die ersten anderen Wissenschaftler sind angereist. Man spricht Russisch untereinander, nur ab und zu fallen Worte wie "quantum" – die Vorträge sollen aber allesamt auf Englisch stattfinden. Nun, ich lasse mich überraschen.

Besonders freue ich mich auf Beiträge über den Casimir-Effekt, ein Phänomen, bei dem zwei sehr nah beieinander liegende Platten im Vakuum einander anziehen – und zwar weil zwischen ihnen weniger virtuelle Teilchen existieren können als drum herum. Netto drücken von innen also weniger Teilchen gegen die Platten als von außen, was einer Kraft nach innen gleichkommt. Außerdem bin ich gespannt auf Grundlagenvorträge. Die nämlich können mir für meine eigene Doktorarbeit über Realität in der Quantenmechanik hilfreich sein. Morgen mehr aus Dubna – wenn das Internet funktioniert(!).

Vera Spillner

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