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Titelthema: Quantenfeldtheorie: Was ist real?

Die Welt der klassischen Physik besteht aus Teilchen, die unter dem Einfluss von Kraftfeldern bestimmte Bahnen ziehen. Doch in der Quantenfeldtheorie ist nicht mehr klar, was Teilchen und Felder überhaupt sind. Die fundamentalsten Objekte lassen sich nicht wie Alltagsdinge beschreiben, sondern als Bündel von Eigenschaften wie Form und Farbe, Masse und Ladung.
Blasenkammer bildet quantenphysikalische Kollisionsprozesse ab

Physiker beschreiben das Universum für gewöhnlich als eine Menge von subatomaren Teilchen, die einander mittels Kraftfeldern anziehen und abstoßen. Sie arbeiten mit einer Art Lego-Modell der Natur. Doch dieses Weltbild kehrt eine wenig bekannte Tatsache unter den Teppich: Sowohl in der Teilchen- wie in der Feldinterpretation der Quantenphysik werden die vertrauten Begriffe "Teilchen" und "Feld" derart weit gefasst, dass sich allmählich die Meinung durchsetzt, die Welt könnte aus etwas ganz anderem bestehen.

Das Problem ist nicht etwa, dass die Physiker keine gültige Theorie über die Mikrowelt besäßen. Die gibt es durchaus. Sie heißt Quantenfeldtheorie und entstand ab dem Ende der 1920er Jahre durch Vereinigung der frühen Quantenmechanik mit Einsteins spezieller Relativitätstheorie. Die Quantenfeldtheorie liefert die begriffliche Grundlage für das Standardmodell der Teilchenphysik, das die fundamentalen Bausteine der Materie und ihre Wechselwirkungen in einen gemeinsamen Rahmen stellt. Hinsichtlich der empirischen Genauigkeit ist dies die erfolgreichste Theorie in der Geschichte der Wissenschaft. Physiker verwenden das Standardmodell tagtäglich, um die Folgeprodukte von Teilchenkollisionen zu berechnen, die Materiesynthese beim Urknall, die extremen Bedingungen in Atomkernen und vieles andere.

Darum mag es überraschen, dass die Physiker nicht einmal sicher sind, was die Theorie besagt beziehungsweise worin ihre "Ontologie" besteht – das ihr zu Grunde liegende Bild von der physikalischen Realität. Diese Verwirrung unterscheidet sich von den viel diskutierten Paradoxien der Quantenmechanik, etwa von der berühmten Frage, ob eine in eine Kiste gesperrte Katze zugleich lebendig und tot sein kann. Die ungeklärte Deutung der Quantenfeldtheorie behindert den Fortschritt zu jeder Art von "neuer Physik" jenseits des Standardmodells, beispielsweise der Stringtheorie. Es ist heikel, eine neue Theorie zu formulieren, wenn wir die bereits vorhandene nicht verstehen. ...

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  • Quellen

Kuhlmann, M. et al. (Hg.): Ontological Aspects of Quantum Field Theory. World Scientific, Singapur 2002

Kuhlmann, M.: The Ultimate Constituents of the Material World: In Search of an Ontology for Fundamental Physics. Ontos/De Gruyter, Berlin 2010

Kuhlmann, M.: Quantum Field Theory. In: Stanford Encyclopedia of Philosophy, 2012 (nur online)

Baker, D. J.: Against Field Interpretation of Quantum Field Theory. In: British Journal for the Philosophy of Science 60, S. 585 - 609, 2009

Halvorson, H., Clifton, R.: No Place for Particles in Relativistic Quantum Theories? In: Philosophy of Science 69, S. 1 - 28, 2002

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