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Mathematische Knobelei: Altersfragen

Ach ja, die Mathematiker... Wenn Sie geglaubt haben, die männlichen Exemplare dieser besonderen Spezies seien ein wenig... merkwürdig, dann sollten Sie erst einmal die weiblichen Ausgaben kennenlernen. Doch, doch - die gibt es! Und sie präsentieren eine ganz eigene Mischung aus Damenwelt und Zahlenkosmos.
Es gibt verdammt harte Jobs in der so genannten zivilisierten Welt: Pressesprecher eines rationalisierungsfreudigen Großunternehmens, Biologielehrer einer hochpubertierenden Hauptschulklasse - und Empfangsleiter auf einem Mathematikerkongress.

Die Situation war folgende: Den ganzen Vormittag über reisten Mathematiker, Logiker, Irrationalisten und eifrige Studierende dieser Fächer sowie vereinzelte Wunderkinder zum internationalen Symposium über die Ziffer 5 an. Wie bei solchen Veranstaltungen üblich, mussten die Teilnehmer sich beim Eintreffen am Empfang registrieren und einen kurzen Fragebogen ausfüllen. Name, Anschrift, Institut, ... Was sponsorende Firmen eben so gerne für ihre Marketingabteilungen wissen möchten. Im Allgemeinen stellte dies auch kein sonderliches Problem dar, zumal Köpfe, die in Zahlenräumen schweben, meist wenig Argwohn gegenüber real existierenden Werbemaßnahmen entwickelt haben.

Gewisse Schwierigkeiten bereitete lediglich eine Gruppe Mathematikerinnen, die fröhlich plaudernd als letzte am Schalter eintrafen. Mit ausnehmend schön geschwungener Schrift trugen sie ihre Daten in die Formulare ein - bis sie auf das Feld "Alter" stießen.
Nein, ihr Alter verrate eine Dame nicht, meinte eine der selbigen.
Das sei aber nötig für die statistische Analyse der Kongressteilnehmer, beharrte die Empfangsleiterin, ihres Zeichens selbst Dame, wenn auch keine mathematische.
Sie würden ihr Alter trotzdem nicht preisgeben, bekräftigte die zweite Mathematikerin.
Dann gebe es auch keine Zutrittsmarke zu den Seminargebäuden, konterte die Nichtmathematikerin.
Woraufhin die vier Verteidigerinnen weiblicher Sonderrechte sich aufgeregt tuschelnd beratschlagten.
Nun gut, lenkte ihre Sprecherin schließlich ein, sie würden ausreichende Angaben machen, aus denen ihr Alter geschlossen werden könnte. Die Zahlen direkt würden sie jedoch nicht hinschreiben.
Kurze Bedenkzeit. Knapp vor Feierabend. Die Kinder wollen von der Schule abgeholt werden. Wozu also hier lange herumstreiten. Einverstanden!
Ihr Alter ergäbe, so begann die erste Dame, die Zahl 37, wenn man das arithmetische Mittel der Alter ihrer Freundinnen hinzuaddiere.
Bei ihr stehe am Ende der gleichen Prozedur die 41, verriet die zweite Dame.
Mit ihrem Alter erhielte man als Ergebnis 43, gab die dritte zu.
Und die vierte flüsterte verlegen, ihr Alter und der Mittelwert der drei anderen addiere sich gar zu 49.

Zum Dank für ihre verklausulierte Ehrlichkeit erhielten die vier Mathematikerinnen die begehrten Zutrittsmarken und stürzten sich in das abenteuerliche Wissen zur Zahl 5. Zurück blieb die bedauernswerte Empfangsleiterin, deren zerrupfte Frisur von den Qualen kündet, die ihr die Berechnung der gesuchten Lebensalter bereitet. Aber vielleicht erbarmt sich ein Kavalier oder eine Dame und bestimmt mal schnell, wie alt die vier Mathematikerinnen nun waren. Die wartenden Kinder vor der Schule werden es Ihnen danken.
Ob die Empfangsleiterin des Mathematikerkongresses noch rechtzeitig die Kleinen von der Schule abholen konnte? Wenn sie gut im Lösen von Gleichungssystemen war, dann sicherlich.
Gesucht ist jeweils das Alter der vier Teilnehmerinnen des Mathematikkongresses. Doch die vier Damen haben es ganz charmant in eine kleine Aufgabe gepackt. Drücken wir zunächst die Angaben, welche die Frauen gemacht haben, in Gleichungen aus, wobei die Variablen a1, a2, a3 und a4 das Alter der jeweiligen Teilnehmerin repräsentieren:

a1+1/3(a2+a3+a4) = 37
a2+1/3(a1+a3+a4) = 41
a3+1/3(a1+a2+a4) = 43
a4+1/3(a1+a2+a3) = 49

Wir erhalten also ein Gleichungssystem mit vier Variablen und vier Unbekannten. Es gibt viele Möglichkeiten, ein derartiges Gleichungssystem zu lösen. Wir entscheiden uns hier zunächst der guten Übersicht wegen für eine Darstellung in einer Tabelle (siehe Grafik unten) und lösen es, indem wir die Zeilen sukzessive mit geeigneten Faktoren multiplizieren und so miteinander addieren beziehungsweise voneinander subtrahieren, dass schließlich die Lösung für eine Variable übrig bleibt. Dann setzen wir deren Wert in die Gleichungen für die anderen Variablen ein und bestimmen deren Wert.

Wir erhalten also für a4:

a4 = 31

Durch Einsetzen a1, a2 und a3 in die jeweils vorangehende Gleichung erhalten wir schließlich auch die Lösungen für die anderen Variablen:

a3 = 22
a2 = 19
a1 = 13

Die Frauen sind also 13, 19, 22 und 31 Jahre alt.

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