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Mathematische Knobelei: Den Knobel an der Wurzel packen

Schon immer war es etwas anstrengend, die bissige Rätselfreude zu pflegen. Regelmäßiges Abschrubben von rundungsfehlerhaften Resten, gekonntes Säubern von infinitesimalen Zwischenräumen und eifriges Leerspülen benutzter Matrizen verlangen axiomale Disziplin. Wer die nicht hat, sollte sich wenigstens in stochastischen Intervallen auf den Calculus fühlen lassen.
Sooo, dann machen Sie den Mund mal schön weit auf! Wunderbar, so ist es recht! Was haben wir denn da? Hmm! Aha! Oho! Nein! Eijeijei!

Tsstss ... Hier ist ja alles voller Variablen! Haben Sie denn Ihre Konstanten nie gereinigt? Schwester, schauen Sie mal! Da reicht das ganze lateinische Alphabet nicht... da müssen bereits die griechischen Kleinbuchstaben mit ran. Was hatten Sie denn gedacht, wie das weitergehen soll - mit Runen? Also, das muss ich zuerst alles wegkürzen! Nein, da hilft kein Jammern. Sonst bekommen wir am Ende eine Ordinatenverschiebung oder etwas noch Schlimmeres. Schwester ... Sauger!

Na, das sieht doch schon viel besser aus! Da schimmern sogar schon ein paar Beweise durch. Keine Angst, wir bekommen das alles wieder hin! Obwohl Sie besser nach dem Rätseln nur noch leichte Kopfnüsse knacken sollten. Dann brauche ich nicht ständig diese vergessenen Differenziale abzuleiten. Das kann nun ein wenig ziepen...

Wer sagt es denn? Funkelt wieder wie ein frisch gelöstes Ringintegral. Nur - tja - gegen diese Definitionslücke werden wir nichts machen können. Das kommt vermutlich von einer frühkindlichen Schwachstelle im kleinen Einmaleins. 7 mal 8 - hab ich recht? Bei den meisten ist es 7 mal 8. Oder 4 mal 7. Mitunter auch 9 mal 7. Auf alle Fälle die 7.

Aber sagen Sie mal - was ist denn das? Au, das sieht aber böse aus! Da hilft nur eine Wurzelbehandlung, so viel ist sicher. Wenn wir ganz großes Pech haben... Ja, bestimmt: eine dreifache Wurzel. Ich zeige Ihnen das mal hier im Spiegel. Sehen Sie? Die Wurzel aus dem kleinen a, multipliziert mit a. Aus dem Produkt die Wurzel, ebenfalls multipliziert mit a. Daraus wieder die Wurzel und mit a multipliziert. Das geht in die Tiefe und ergibt genau b zum Quadrat. Schwester, schreiben Sie das bitte auf, damit wir es als Formel sehen.

Hmm, das hätte ich Ihnen gerne erspart. Aber diesmal können wir uns nicht mit der kleinsten Summe von a und b begnügen. Da müssen wir schon den zweitkleinsten Wert von a+b suchen. Am besten, Sie machen gleich einen Termin für die Wurzelbehandlung. Bis dahin weiß ich auch, wie die zweitkleinste Summe aussieht, mit der Ihre Problemgleichung erfüllt wird. Ja, hätten Sie nur fleißig die Knobeleien gelöst, könnten Sie mir die Antwort jetzt gleich nennen. Aber so - denken Sie bitte an den Termin!
Von wegen "weiß ich auch" - die ganze Arbeit blieb natürlich wieder mal an der Schwester hängen. Und so hatte sie sich auf die Suche nach dem zweitkleinsten Wert von a+b zu machen, die Bedingungen waren wie folgt:
a,b > 0
a · √ (a · √ (a · √ a )) = b2
und natürlich sollten a und b Natürliche Zahlen sein.

Die Wurzeln verschwinden durch dreimaliges Quadrieren der linken Seite der Gleichung. Das führt zu der sehr viel überschaubareren Gleichung a15 = b16.

Die kleinste Lösung ist wie schon erwartet trivial. Für a = b = 1 ergibt sich a + b = 2. Wir brauchen die nächst größere. 15 und 16 sind teilerfremd, weshalb ein ordentliches Stück auf dem Zahlenstrahl zurückgelegt werden muss, denn die Lösung wird wohl die Form (x15)16 = (x16)15 haben müssen. Die 1 hatten wir ausgeschlossen, der nächste Kandidat ist die 2. Damit wäre

a = 216 = 65536
b = 215 = 32768
a + b = 98304

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