Direkt zum Inhalt

Kosmologie: Warum sind manche Teile der Hintergrundstrahlung »wärmer« als andere?

Bilder der kosmischen Hintergrundstrahlung zeigen winzige Temperaturschwankungen. Rötliche Punkte stehen für Regionen mit mehr Materie. Welche physikalischen Effekte stecken dahinter?
Kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung

Die kosmische Hintergrundstrahlung ist rund 400 000 Jahre nach dem Urknall von einem rund 3000 Kelvin heißen Gas ausgesandt worden, das sich damals über das ganze überschaubare Universum verteilte. Durch die Expansion des Universums hat sich die Wellenlänge dieses sichtbaren und ultravioletten Lichts stark vergrößert, die Strahlung ist gewissermaßen »gestreckt« worden; Experten sprechen von »Rotverschiebung«. Wegen ihr erreicht uns das Licht der Hintergrundstrahlung heute, 13,8 Milliarden Jahre später, nur noch in Form schwacher Mikrowellen, die aus allen Richtungen gleichmäßig auf die Erde einströmen. Populärwissenschaftliche Artikel beschreiben die Hintergrundstrahlung daher oft als das Nachglühen des Urknalls.

Aus himmelsumspannenden Aufnahmen des Mikrowellenhintergrunds können Experten die Materieverteilung 400 000 Jahre nach dem Urknall rekonstruieren: Rote Strukturen stammen aus etwas dichteren und heißeren Gebieten des jungen Weltalls, die blauen hingegen aus etwas weniger dichten. Aber warum entweicht aus dichteren Regionen wärmere Strahlung?

Experten unterscheiden hier drei Effekte, die sich zum Teil gegenseitig aufheben:

1) Wo das Gas zu einer gegebenen kosmischen Zeit etwas dichter ist, da ist es auch etwas heißer – da es weniger abkühlende Expansion seit den frühen Zeiten erfahren hat. Dies ergäbe also »heißere« Strahlung.

Hintergrundstrahlung | Die ESA-Raumsonde Planck hat von 2009 bis 2013 die kosmische Hintergrundstrahlung des gesamten Himmels mit der bisher besten Genauigkeit und Winkelauflösung vermessen. Spektrum und Intensität der Strahlung entsprechen an jedem Punkt des Himmels einer bestimmten Temperatur, die hier farbig codiert dargestellt ist. Der Temperaturbereich, der in der Abbildung von tiefblau bis tiefrot dargestellt ist, entspricht nur wenigen Millionsteln der Durchschnittstemperatur von rund 3 Kelvin.

2a) Gebiete im jungen Kosmos, in denen das Gas einst etwas dichter war, werden erst etwas später in der Expansionsgeschichte durchsichtig, sie senden ihren Teil der Hintergrundstrahlung also erst etwas später aus. Damit ist diese Strahlung bis heute aber etwas weniger rotverschoben worden. Und weniger Rotverschiebung vom Moment der Freisetzung der Strahlung bis heute führt an und für sich ebenfalls zu »heißerer« Strahlung.

2b) Aber zu jenem etwas späteren Zeitpunkt hatte sich das Universum auch insgesamt durch die Expansion schon stärker abgekühlt. Dies würde nun für »kühlere« Strahlung aus den dichteren Bereichen sprechen. Tatsächlich besagt die Theorie jedoch, dass sich die Teileffekte 2a und 2b exakt gegeneinander aufheben, so dass netto kein Effekt 2 entsteht.

3) Wo das Gas früher dichter war, muss die Strahlung – bevor sie uns erreicht – noch gegen die erhöhte Schwerkraft des Gases »gearbeitet« haben, was laut Relativitätstheorie zu einer »Gravitationsrotverschiebung« geführt hat. Dies ist der so genannte Sachs-Wolfe-Effekt, der die Strahlung etwas abkühlt.

Der Gesamteffekt, den wir heute beobachten können, ergibt sich also aus der Summe der Effekte 1 und 3. Die exakte Ausarbeitung der dahinterliegenden Physik zeigt, dass Effekt 3 genau um den Faktor 3/5 schwächer ist als Effekt 1, so dass sich netto für uns heute 40 Prozent des Temperaturkontrasts in den damals etwas dichteren (und wärmeren) Gebieten des Universums tatsächlich als »heißere« kosmische Hintergrundstrahlung zeigen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.