Schmerztherapie: Lindern Schmerzmittel auch seelisches Leid?
Ob in der Schule, im Studium oder am Arbeitsplatz: Wer in einer Gruppe keinen Anschluss findet, fühlt sich häufig abgelehnt und ausgegrenzt. Etwas dagegen zu unternehmen, fällt vielen Menschen schwer. Doch eine Studie an der University of Kentucky in Lexington ergab 2010: Handelsübliche Schmerztabletten können das Gefühl, sozial ausgegrenzt zu sein, lindern. Es wird offenbar in den gleichen Hirnarealen verarbeitet wie körperlicher Schmerz.
Schmerztherapie im Labor
Das Forscherteam um den Psychologen C. Nathan DeWall gab 62 gesunden Probanden entweder ein Gramm Paracetamol oder ein Placebopräparat, das sie über drei Wochen hinweg täglich einnehmen sollten. Jeden Abend verrieten die Teilnehmer zudem in einem Fragebogen, wie stark sie am vergangenen Tag enttäuscht worden waren und wie sehr sie sich geärgert hatten. Die Vermutung der Psychologen bestätigte sich: Probanden unter Paracetamoleinfluss fühlten sich im Lauf der Zeit immer weniger verletzt und konnten mit sozialer Ablehnung besser umgehen als Versuchspersonen, die das Placebo erhielten.
In einem zweiten Experiment zeichneten die Wissenschaftler die Hirnaktivität von 25 anderen Personen auf, die ebenfalls über drei Wochen täglich zwei Gramm Paracetamol oder ein Placebo bekamen. In der Röhre des Magnetresonanztomografen sollten sie dann ein Computerspiel spielen, bei dem sie von vermeintlichen Mitspielern ausgegrenzt und ablehnend behandelt wurden.
Paracetamol gegen soziale Isolation
Wer das Placebo eingenommen hatte, zeigte dabei vermehrte Aktivität in Hirnarealen, die sowohl körperlichen als auch emotionalen Schmerz signalisieren – zum Beispiel im anterioren zingulären Kortex und in der Insula. Diese Regionen sind unter anderem dafür verantwortlich, dass wir körperliche, aber auch seelische Verletzungen als unangenehm empfinden. Paracetamol verringerte die Hirnaktivität in ebendiesen Arealen. So scheint das Mittel zu verhindern, dass wir unter der Ablehnung durch unser Umfeld allzu sehr leiden.
"Jeder Jeck ist anders – zum Glück!"
Eckart von Hirschhausen
Wenn Sie also das nächste Mal zu einer Kopfschmerztablette greifen, beobachten Sie sich selbst: Wie fühlen Sie sich in sozialen Situationen, zum Beispiel bei einer Teamarbeit im Büro? So manche unliebsame Erfahrung könnte dann einfach an Ihnen abperlen.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.