Direkt zum Inhalt

Gute Frage: Funktioniert Multitasking?

Oft heißt es, man solle sich nur auf eine Sache konzentrieren. Das stimmt – aber nur bedingt. 
Eine Person sitzt an einem Schreibtisch mit einem Laptop und mehreren Telefonen. Sie hält ein Telefon am Ohr, ein weiteres in der Hand und hat zusätzlich ein Klemmbrett und ein Notizbuch in den Händen. Die Szene vermittelt Multitasking und geschäftige Büroarbeit. Im Hintergrund sind Regale und Pflanzen zu sehen.
Von wegen gleichzeitig: In Wahrheit wechseln wir beim Multitasking zwischen einzelnen Aufgaben hin und her.

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Büro. Ständig klingelt das Telefon, neue Mails ploppen im Sekundentakt auf. Und gleichzeitig versuchen Sie, ein Dokument fertigzustellen, das heute unbedingt rausmuss. In solchen Momenten hat man schnell das Gefühl, alles auf einmal machen zu müssen. Und oft scheint das zu funktionieren.

Doch der Eindruck täuscht: Wir machen die Dinge nie gleichzeitig. Vielmehr springt unsere Aufmerksamkeit rasch von einem Job zum nächsten. Psychologen sprechen von Aufgabenwechsel.

Unser Gehirn ist kein Computer, der mehrere Programme parallel bearbeitet. Zwar strömen über unsere Sinne viele Informationen gleichzeitig ein. Auch motorisch lassen sich manche Dinge kombinieren, etwa wenn wir mit einer Hand das Telefon abnehmen und mit der anderen noch schnell die E-Mail abschicken. Doch im Gehirn entsteht ein Engpass. Alles bleibt zwar im Arbeitsgedächtnis präsent. Aber mit unserer Aufmerksamkeit sind wir immer nur bei einer Sache.

Wer switcht, kann sich verzetteln

Jedes Mal, wenn wir den Fokus neu setzen, kostet uns das Zeit, und es können Fehler passieren. Das sind die sogenannten Wechselkosten. Vielleicht haben Sie schon einmal eine E-Mail an den falschen Empfänger geschickt, weil Sie mit dem Kopf schon woanders waren. Ein gut gemeinter Rat lautet daher: Immer auf eine einzige Sache konzentrieren!

Ganz so einfach ist es aber nicht. Wer häufig zwischen denselben Aufgaben jongliert, dem gelingt das mit der Zeit immer müheloser, vor allem, wenn eine Tätigkeit weitgehend automatisch abläuft. Denken Sie etwa an eine Violinistin, die ihr Stück so gut beherrscht, dass sie beim Spielen zugleich auf das Orchester achten kann. Und manchmal spart Aufgabenwechsel sogar Zeit: Wer gerade Wasser für einen Tee erhitzt, kann nebenbei Nachrichten lesen.

Mehr noch: Aufgabenwechsel kann sogar die Kreativität fördern, wie Forschende um die Psychologin Malia Mason von der Columbia Business School in New York 2017 herausfanden. Menschen, die regelmäßig zwischen Aufgaben rotieren sollten, fiel es leichter, sich aus festgefahrenen Denkmustern zu lösen, als Personen, die nach eigenem Ermessen oder gar nicht wechselten. Die Pausen verhalfen ihnen zu frischen Ideen und dabei, die besten Lösungswege auszuwählen.

Ob manche Menschen besser im Multitasking sind als andere, ist bisher kaum untersucht. Das gängige Klischee, Frauen seien darin grundsätzlich besser als Männer, hat sich jedenfalls nicht bestätigt. Feine Unterschiede gibt es dennoch: So fällt es Männern anscheinend schwerer, gleichzeitig nachzudenken und zu gehen.

Persönliche Strategien

In einer 2025 publizierten Studie beobachteten wir, dass manche Menschen lange bei einer Aufgabe blieben, bevor sie zur nächsten wechselten, während andere deutlich früher und häufiger zu etwas anderem übergingen. Wir bauten eine künstliche Wartezeit ein, die sich mit jedem Durchlauf derselben Aufgabe verlängerte und nach einem Wechsel zu einer anderen wieder verkürzte. So konnten wir untersuchen, wie die Teilnehmenden diese zunehmende Verzögerung gegen die Wechselkosten abwägen. Manche entschieden sich erst dann für einen Wechsel, wenn das Dranbleiben genauso kostspielig wurde, andere schon früher. Es gab also persönliche Strategien, die bei allen erstaunlich konstant blieben.

Weil das ständige Neujustieren der Aufmerksamkeit geistig anstrengend ist, lohnt es sich, darauf zu achten, wann Multitasking hilfreich ist und wann es uns überfordert. Unsere Empfehlung lautet nicht, Multitasking grundsätzlich zu meiden. Sinnvoller ist es, achtsam damit umzugehen: mal ganz bewusst zwischen Aufgaben wechseln, mal gezielt nur auf eine einzige konzentrieren.

  • Quellen

Lu, J. G. et al., Organizational Behavior and Human Decision Processes 10.1016/j.obhdp.2017.01.005, 2017

Monno, I. et al., Journal of Experimental Psychology: Human Perception and Performance 10.1037/xhp0001326, 2025

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.