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Gesunde Ernährung: Rindfleisch oder Schweinefleisch, was ist gesünder?

Nicht nur Vegetarier warnen vor Fleisch - und vor Viren, Parasiten, Cholesterin. Aber gibt es »gesundes« und »ungesundes« Fleisch? Pauschal lässt sich wenig sagen, abwägen kann man immerhin.
Schweinefleisch

Ist Rindfleisch gesünder als Schweinefleisch? Oder ist es andersherum? Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Denn selbst wenn es von ein und demselben Tier stammt: Fleisch ist nicht gleich Fleisch. Welches Teilstück auf dem Teller landet, wie es zubereitet wurde und wer es isst, sind nur ein paar der Variablen in dieser Gleichung mit jeder Menge Unbekannten.

Also sortieren wir der Reihe nach und beginnen mit der möglichen und gängigen Einsteigerdefinition für Fleisch: rot oder weiß. Schon da beginnt das Dilemma, denn eine verbindliche Definition fehlt. Mit »rotem Fleisch« meint man üblicherweise Fleischsorten, die im ungekochten Zustand rot oder rötlich aussehen – im Gegensatz zu »weißem Fleisch« mit blasser Färbung. Ein Protein im Muskelfleisch namens Myoglobin verleiht dem Fleisch seine charakteristische Farbe. Je höher der Myoglobingehalt, desto rötlicher erscheint das ungekochte Fleisch. Geflügelfleisch besitzt relativ wenig Myoglobin, weshalb es erheblich blasser erscheint als Rindfleisch, das viel davon besitzt. Tatsächlich farbgebend ist übrigens ein bestimmter Bestandteil des Myoglobins: das Häm-Eisen. Aber bringt uns das einer Antwort näher?

Rot, weiß oder rosa

Tatsächlich: Rotes Fleisch schneidet in wissenschaftlichen Studien meist schlechter ab als weißes. Seit 2015 warnt die Weltgesundheitsorganisation WHO vor dem Genuss von zu viel rotem Fleisch (was zu viel bedeutet, dazu kommen wir später), vor allem, weil sie es als potenziell Krebs erregend einstuft. Und Rindfleisch zählt – ohne Frage – zu rotem Fleisch. Schweinefleisch lässt sich mit seinem zarten Rosa weniger eindeutig zuordnen, und so findet es sich mal in dieser, mal in jener Kategorie.

Die Fachwelt entzweit sich über diese Bewertung. Manche halten die WHO-Deklaration für überzogen – schließlich ist der wahrhaft Schuldige längst nicht ausgemacht. Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs stehen im Zusammenhang mit übermäßigem Fleischkonsum, da sind sich die Ernährungswissenschaftler einig. Aber welche Inhaltsstoffe der Fleischwaren welche Vorgänge im Körper so beeinflussen, dass man erkrankt, ist im Moment noch die große Frage.

Viren im Rindfleisch?

Immerhin, es gibt Verdachtsmomente: So beobachtete man in mehreren Studien, dass Menschen, die viel Rindfleisch konsumieren, häufiger an Dickdarmkrebs erkranken. In den Krebszellen konnte man Viren beziehungsweise Bestandteile von Viren nachweisen, die man auch im Rindfleisch gefunden hatte. Einige Wissenschaftler vermuten, dass sich das Krebsrisiko mindern ließe, würde man die Rinder gegen das entsprechende Virus impfen. Dafür müssten allerdings erst mal die Viren genau identifiziert, und es müsste ein Impfstoff entwickelt werden.

Der Medizinnobelpreisträger Harald zur Hausen beschäftigt sich ebenfalls mit der Frage, ob durch Ernährung mit Rindfleisch beim Menschen Krebs verursacht werden kann. Virale Bestandteile, die auch im Rindfleisch zu finden sind, könnten im Zusammenspiel mit weiteren Faktoren neurodegenerative Erkrankungen wie multiple Sklerose verursachen – so zur Hausens Hypothese.

Für die Beobachtung, dass in manchen Ländern zwar viel Rindfleisch konsumiert wird, dort aber nicht vermehrt Krebserkrankungen auftreten, haben sich die Wissenschaftler folgende Erklärung zurechtgelegt: Nur bestimmte Rinderrassen, wie das in Europa und Nordamerika gehaltene Hausrind, würden das Virus in sich tragen. Ob ein Verzicht auf Rindfleisch sinnvoll ist, bleibt fraglich. Selbst Vertreter der Virushypothese vermuten nämlich, dass wir Europäer uns längst infiziert haben – vermutlich schon im Kleinkindalter.

Was man heute weiß, ist nicht mehr als ein Zwischenstand. Konkret gefährliche Produkte lassen sich noch nicht benennen. Eine bestimmte Fleischsorte, wie Schwein oder Rind, generell als schädlich abzustempeln, wäre falsch. Wer Fleisch isst, wird nicht automatisch krank. Aber es gibt durchaus ein paar sinnvolle Regeln, an die man sich halten kann.

Maß halten & auf Abwechslung setzen

Ob Schweineschnitzel oder Rinderroulade, Fleisch ist ein wertvolles Lebensmittel. Denn so einzigartig wie sein Geschmack ist auch sein Nährstoffgehalt. Vor allem der hohe Eiweißanteil macht Fleisch zu einem wertvollen Bestandteil unseres Speiseplans. Aber auch lebenswichtige Spurenelemente und unverzichtbare Vitamine stecken im Fleisch.

Zwischen 300 und 600 Gramm Fleisch pro Woche, rät die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) Erwachsenen. Der Weltkrebsforschungsfonds empfiehlt maximal 500 Gramm Fleisch und Fleischprodukte pro Woche und davon höchstens 300 Gramm rotes Fleisch (wenn man nur wüsste, welches). Generell gilt: je unverarbeiteter das Fleisch, desto besser. Denn insbesondere »prozessiertes«, also verarbeitetes Fleisch wie in Wurst- und Fleischwaren, sollte man nur in moderaten Mengen genießen. Wer nicht übertreibt, deckt dann dabei locker seinen Nährstoffbedarf und muss sich wohl nicht ernsthaft um seine Gesundheit sorgen.

In Sachen Nährstoffe schneiden Rind- und Schweinefleisch übrigens deutlich besser ab als Geflügel, das man (eindeutig!) als weißes Fleisch deklariert. Schweinefleisch liefert viel Vitamin B1 und B6. Rindfleisch punktet mit Eisen, Zink und Vitamin B12. Alles in allem wichtige Nährstoffe für die Bildung und Funktion unseres Blutes, für ein gut funktionierendes Immun- und Nervensystem sowie die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit.

Und wie sieht es mit anderen Inhaltsstoffen aus? Auch da ist es, natürlich, kompliziert. Greifen wir exemplarisch ein Schreckgespenst heraus: Cholesterin! Sein Blutwert steigt bei Übergewicht, wenig Bewegung, erhöhtem Alkohol- und Nikotinkonsum. Vor allem Innereien enthalten tatsächlich viel Cholesterin, während man dem Schweinefleisch einen hohen Cholesteringehalt nur nachsagt – und ihm damit Unrecht tut, denn der Cholesteringehalt ist vergleichbar mit dem anderer Fleischarten. Schweinefleisch schneidet je nach Teilstück sogar besser ab als Rindfleisch. Viel wichtiger aber: Für gewöhnlich schlägt Cholesterin, das man mit der Nahrung aufnimmt, gar nicht zu Buche. Jeder Gesunde scheidet es einfach wieder aus – und produziert den für alle Zellen wichtigen Stoff im Körper zudem ständig selbst.

Vorsicht Hackepeter!

Bleibt am Ende noch ein wichtiges Wort zur Zubereitung: Fleisch immer gut erhitzen oder durchbraten, lautet die Devise – egal ob Rind oder Schwein. Denn aus hygienischer Sicht ist rohes oder ungenügend erhitztes Fleisch stets mit Vorsicht zu genießen. Trotz immer besserer Hygiene können sich im Fleisch Parasiten befinden. Auf die gefürchteten Fadenwurmparasiten, die so genannten Trichinen, die sich für gewöhnlich in rohem Schweinefleisch einnisten, wird in Deutschland seit vielen Jahrzehnten streng kontrolliert. Das Risiko ist also sehr gering, sich mit einem Mettbrötchen wirklich etwas einzufangen. Sarkosporidien oder Bandwurmlarven, so genannte Finnen, können im Rind- wie im Schweinefleisch stecken.

Besonders Schwangere sollten generell einen großen Bogen um Rohfleischprodukte und nicht hinreichend gegartes Fleischprodukte machen. Von Salami bis Hackepeter – die Infektion mit dem Parasiten Toxoplasma gondii ist vor allem in der Schwangerschaft bedenklich und kann dem ungeborenen Kind erheblich schaden. Zahlreiche Studien haben das Muskelfleisch geschlachteter Tiere auf Erreger untersucht. Fazit: Rindfleisch erwies sich als relativ unbedenklich, ganz im Gegensatz zu Schweinefleisch, in dem sich häufig Toxoplasma-Zysten finden.

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