Schmerz: Warum bekommt man vom Weinen Kopfweh?

Ein Team um Asmir Gračanin von der Universität Rijeka in Kroatien beschrieb in einem Überblicksartikel von 2014, wie Tränen uns dabei helfen können, uns selbst zu beruhigen. Ignoriert haben Forschende indes eine häufige körperliche Folge des Weinens: Kopfschmerzen. Woher kommen sie – und kann man etwas dagegen tun?
Es verwundert, dass es dazu nahezu keine Forschung gibt, denn es handelt sich um ein sehr häufiges Phänomen. Als bislang Einzige näherten sich Mitte der 1990er Jahre Forscherinnen um die Neurologin Yara Dadalti Fragoso von der Universität Metropolitana de Santos in São Paulo, Brasilien, dem Thema systematisch. In ihrer Studie berichteten rund 55 Prozent der 163 Befragten von Kopfschmerzen nach dem Weinen. Tränen gehörten damit zu den häufigsten Auslösern – noch vor Wetterwechsel, Alkohol, grellem Licht und Lärm. Nur Stress, Angst und den Menstruationszyklus nannten die Teilnehmenden genauso oft oder häufiger.
Verkrampfte Muskeln
Die Physiologie des Weinens ist bis heute nicht gut verstanden. Das macht es schwierig, den Zusammenhang zwischen Tränen und Kopfschmerz zu erklären. Immerhin gibt es Theorien. Allesamt bedürfen sie jedoch der weiteren Untersuchung.
Wenn uns etwas emotional aufwühlt – ein Streit mit dem Kollegen etwa oder das Ende einer Beziehung –, spannen wir unbewusst Schulter-, Nacken- und Kiefermuskulatur an und verkrampfen sie. Es wäre daher nicht verwunderlich, wenn Weinen Spannungskopfschmerzen auslöst, vor allem bei Menschen, die ohnehin zu Kopfschmerzen neigen. Es ist bekannt, dass Muskelverspannungen und Stress diese besonders häufige Form der Kopfschmerzen mitverursachen können. Womöglich spielen auch die Nasennebenhöhlen eine Rolle: Beim Weinen fließt ein Teil der Tränen über den Tränennasengang in die Nasenhöhle. Dadurch läuft die Nase und verstopft. Das könnte die Nasennebenhöhlen reizen und einen Druck verursachen, der Kopfschmerzen auslöst.
Entzündungen und geweitete Gefäße
Die am häufigsten genannte Theorie besagt, dass der Körper auf emotionale Ausnahmezustände reagiert, indem er Botenstoffe ausschüttet, die auf noch nicht verstandene Weise Kopfschmerzen verursachen – das »Stresshormon« Kortisol beispielsweise oder der Neurotransmitter Adrenalin. Forschende um Aleksandar Sič von der Universität Belgrad in Serbien beschreiben in einem Überblicksartikel von 2025, dass Stress zu einer Fehlregulation des autonomen Nervensystems und der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (»Stressachse«) führt. Folgen sind, so die Autoren, eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit, Entzündungen der Nervenzellen und geweitete Blutgefäße im Gehirn – alles Dinge, die dafür bekannt sind, Kopfschmerzen auslösen zu können.
Viele Theorien, keine Beweise – da fallen Ratschläge zur Vorbeugung und Behandlung naturgemäß schwer. Nicht zu weinen ist keine Option. Womöglich hilft bereits eine positive Einstellung zu den Tränen, den Stress und die Kopfschmerzen zu mildern. Darüber hinaus sollten Sie Ihrem Körper Entspannung gönnen und ausreichend trinken, denn Flüssigkeitsmangel kann Kopfschmerzen verstärken. Gefühle zu verleugnen, ist jedenfalls keine Lösung.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.