Direkt zum Inhalt

Schmerzen: Tut bei Kopfschmerzen das Gehirn weh?

Das Gehirn kann nicht weh tun. Was die fiesen Schmerzen erzeugt und welche Rolle das Gehirn dabei spielt, erklärt der Schmerzforscher Arne May.
Schmerz lass nach!

Ein Gehirn kann keinen Schmerz empfinden, denn es besitzt keine Schmerzrezeptoren. Dennoch leiden 70 Prozent der Deutschen unter Kopfschmerzen. Weh tun dabei jedoch lediglich Blutgefäße der Hirnhaut, die sich entzünden. Die Entzündung selbst ist harmlos. Jetzt wurde gezeigt, dass sie wahrscheinlich vom Gehirn gesteuert wird.

Schmerz hat viele Formen

Mediziner unterscheiden heute mehr als 240 Arten von Kopfschmerzen. Bei den allermeisten ist der Schmerz selbst die Erkrankung, etwa bei Migräne oder Clusterkopfschmerz. Sie werden primäre Kopfschmerzen genannt. Tritt der Schmerz als Symptom einer anderen Krankheit wie einer Grippe oder einer Kopfverletzung auf, spricht man von sekundären Kopfschmerzen.

Das Gehirn besitzt keine Schmerzrezeptoren. Weh tun die Blutgefäße der Hirnhaut, die sich entzünden

Etwa 14 Prozent der Deutschen leiden unter Migräne. Die stechenden Kopfschmerzen gehen oft mit Übelkeit sowie Licht- und Geräuschempfindlichkeit einher. Ihre Ursache hat eine genetische Komponente: Wer bestimmte Erbanlagen in sich trägt, hat ein höheres Risiko für solche Attacken. Wie oft das passiert, hängt von der Umwelt ab – beispielsweise davon, unter wie viel Stress eine Person steht. Psychische Belastungen aller Art gelten als Auslöser.

Chaos im Kopf

Aber hat nicht nur die Hirnhaut, sondern auch das Gehirn etwas mit den Kopfschmerzen zu tun? Um das herauszufinden, untersuchten wir Menschen, die regelmäßig an Migräne litten, sowie eine Kontrollgruppe im Hirnscanner und ließen sie an Ammoniak schnüffeln. Der stechende Geruch löste einen kurzen Schmerz aus. Einige Zellverbände im Hirnstamm waren bei den Patienten daraufhin im Schnitt weniger stark erregt als bei Gesunden.

Nach dem Test riefen wir die Migränepatienten an, um zu erfahren, wann die nächste Attacke auftrat. Wir entdeckten: Je näher jemand einem Anfall war, desto stärker hatte der Hirnstamm des Betreffenden auf den zugefügten Schmerz reagiert. Dieses Areal scheint einen Migräneanfall anzukündigen – und das Wochen vorher.

Vor einer Attacke beginnen Zellverbände im Hirnstamm synchron zu feuern. Während der Attacke sinkt ihre Aktivität wieder.

Auch der Clusterkopfschmerz wird vermutlich durch synchron feuernde Zellen ausgelöst. Allerdings befinden sie sich bei dieser Kopfschmerzform im Hypothalamus, einer Struktur im Zwischenhirn. Clusterkopfschmerzen zählen zu den schlimmsten Schmerzen überhaupt. Sie überfallen die Patienten schlagartig, dauern bis zu zwei Stunden und treten vor allem nachts auf. Wahrscheinlich verursachen Gefäße hinter dem Auge, die sich wegen der übererregten Nervenzellen entzünden, die quälenden Schmerzen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Quellen

Ellerbrock, I. et al.: Microstructural and Network Abnormalities in Headache.In: Current Opinion in Neurology 26, S. 353–359, 2013

May, A.: Pearls and Pitfalls: Neuroimaging in Headache. In: Cephalalgia 33, S. 554–565, 2012

Stankewitz, A. et al.: Trigeminal Nociceptive Transmission in Migraineurs Predicts Migraine Attacks. In: The Journal of Neuroscience 31, S. 1937–1943, 2011

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.