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Warum drehen sich die Räder von Kutschen oder Autos in Filmen rückwärts, obwohl die Fahrzeuge doch vorwärtsfahren?

Der Effekt der sich scheinbar rückwärtsdrehenden Räder lässt sich nicht nur im Film beobachten. Die Trägheit unseres Auges gaukelt uns manches Mal eine Bewegung vor, die gar nicht existiert.
Chromfelge
Illusion der Bewegung | Durch das schnelle Umschalten zwischen sechs Einzelbildern entsteht die Illusion der Bewegung. Das Rad wurde bei jedem Einzelbild nur um fünf Grad gedreht, so dass sich insgesamt eine Drehung um 30 Grad ergibt. Auf Grund der Speichensymmetrie überführt eine Drehung um 30 Grad das Bild jedoch wieder in die Ausgangslage. Es entsteht der Eindruck eines sich kontinuierlich drehenden Rades.

Ob Kino, Computer oder Fernseher – die bewegten Bilder sind eigentlich gar nicht bewegt. Vielmehr handelt es sich um lauter Einzelbilder, die allein durch schnellen Wechsel den Eindruck einer Bewegung suggerieren. Denn unser Augen, besser gesagt die Lichtsinneszellen der Netzhaut, besitzen eine gewisse Trägheit und können Einzelbilder mit einer Wiederholungsfrequenz von mehr als etwa 20 Bildern pro Sekunde nicht mehr getrennt auflösen. Das Gehirn interpretiert die Veränderung des Gesehenen als Bewegung.

Entstehung der Täuschung | Je nachdem mit welcher Frequenz die Einzelbilder eines bewegten Rades aufgenommen werden, entsteht einmal der Eindruck, dass sich das Rad im Uhrzeigersinn dreht, dann wieder, dass es in Gegenrichtung rotiert.

Die obere Sequenz hält das Rad immer dann im Bild fest, wenn es sich um fünf Grad im Uhrzeigersinn gedreht hat. Nimmt man jedoch nur jedes vierte Bild – entsprechend einer Drehung um je 20 Grad –, so entsteht der Eindruck, dass sich das Rad mit doppelter Geschwindigkeit im Gegenuhrzeigersinn dreht (untere Bildsequenz).

Das hängt damit zusammen, dass sich auf Grund der Radsymmetrie eine Drehung um 30 Grad in sich selbst überführt. Eine Drehung um 20 Grad im Uhrzeigersinn lässt sich also anhand von Einzelbildern nicht mehr von einer Drehung um 10 Grad entgegen dem Uhrzeigersinn unterscheiden. Offenbar favorisiert unser Gehirn jedoch die kleinere Änderung, so dass es aussieht, als drehe sich das Rad im Gegenuhrzeigersinn. Eine Animation diese Sequenz sehen Sie im nächsten Bild.

Doch manchmal ist diese Interpretation schlichtweg falsch, wie eben bei jenen Kutschrädern im Western oder auch bei den Rädern des Aston Martin Vanquish V12, den James Bond in seinem neuesten Streifen spazieren fährt. Schuld daran ist eine stroboskopische Täuschung. Dreht sich das Rad nämlich gerade so schnell, dass die Filmkamera immer dann ein Bild aufnimmt, wenn die Speichen des Rads die gleiche Stellung einnehmen wie bei dem Einzelbild zuvor, dann sieht es so aus, als ob das Rad stillsteht. Dreht es sich hingegen ein wenig schneller, dann erkennt man scheinbar eine sehr langsame Vorwärtsbewegung, und bei etwas geringerer Abrollgeschwindigkeit wirkt es, als liefe es rückwärts.

Stroboskopische Täuschung (1,1 MB) | Die Animationen der Bildsequenzen aus dem vorherigen Bild: Links dreht sich das Rad in 5-Grad-Schritten, rechts in 20-Grad-Schritten im Uhrzeigersinn. Betrachtet man jedoch nur die Speichen des rechten Rades, so wirkt es, als drehe sich das Rad in 10-Grad-Schritten entgegen dem Uhrzeigersinn. Der rote Punkt auf dem Mantel zeigt jedoch, dass sich das Rad in Wirklichkeit auch im Uhrzeigersinn dreht.

Damit beispielsweise die Räder des Vanquish V12 scheinbar stillstehen, müsste sich dieser mit einer Geschwindigkeit von etwa 13,6 Kilometern pro Stunde bewegen – oder entsprechend ganzzahligen Vielfachen davon. (Das gilt allerdings nur für Kinofilme, die mit 24 Bildern pro Sekunde gedreht werden.) Bei langsamerer Fahrt scheinen sich die Räder rückwärtszudrehen. Übrigens lassen sich solche stroboskopischen Täuschungen auch außerhalb von Film und Fernsehen beobachten: Ein Rad muss sich bloß hinter einem Lattenzaun bewegen. Auch hier wird nur in regelmäßigem zeitlichem Abstand der Blick auf das Rad gewährt, so dass eine stroboskopische Täuschung entstehen kann.

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