Direkt zum Inhalt

Wenn ich im Winter ein Bier von draußen hereinhole, ist es noch flüssig. Nach dem Öffnen gefriert es. Welche physikalischen Kräfte sind hier im Spiel?

Wem ist das noch nicht passiert: Cola oder Wasser wurde zum schnellen Kühlen ins Eisfach gelegt und vergessen. Findet man die Flaschen dann Tage später wieder, so ist ihr Inhalt meistens noch flüssig - bis man die Flaschen öffnet und der erhoffte Schluck plötzlich zu Eis erstarrt.

In der Schule lernt man, dass Wasser bei Temperaturen unter null Grad Celsius gefriert. Wer sich jedoch näher mit dem Thema beschäftigt, erfährt, dass die Sache nicht ganz so einfach ist. Zwar möchte das Wasser bei diesen Temperaturen Eis bilden, denn dieser Zustand ist bei Atmosphärendruck energetisch günstiger, aber für die Umwandlung muss erst einmal Arbeit investiert werden – ähnlich wie ein Kind erst einmal die Leiter einer Rutsche hinaufsteigen muss, bevor es herunterrutschen kann.

Daher nimmt das Wasser gerne jede Hilfe an: An Staubteilchen, Bläschen oder Unebenheiten der Flaschenwände entstehen die Eiskristalle weitaus einfacher, und auch Erschütterungen können die nötige Energie für die Bildung der ersten Keime der neuen Phase geben – das Kind wird von seinen Eltern auf die Rutsche gesetzt und muss nicht mehr hinaufklettern. Und da das "Herabrutschen von der Rutsche" sehr schnell geht, friert die ganze Flüssigkeit sofort durch, sobald die ersten Kriställchen entstanden sind.

Fehlen jedoch Fremdkörper und Erschütterungen, so kann die nötige Arbeit nicht aufgebracht werden – Wasser (oder Bier), das ruhig in der Gefriertruhe liegt, bleibt flüssig. Spätestens beim Öffnen der Flasche entstehen aber kleine Gasbläschen, an denen sich sofort die ersten Kristalle bilden. Schnell ist dann der gesamte Flascheninhalt gefroren – und statt ein kühles Bier zu genießen, muss man es zunächst erst wieder auftauen. Nur schmeckt es dann leider nicht mehr.

Oft wird in dem Zusammenhang auch diskutiert, ob das Phänomen des "flüssigen Wassers aus der Tiefkühltruhe" nicht auch damit erklärt werden kann, dass dieses eine höhere Dichte hat als Eis. Diese so genannte Dichteanomalie nutzen zum Beispiel Schlittschuhläufer, um sich fortzubewegen. Denn die schmalen Kufen ihrer Schuhe üben einen großen Druck auf das darunterliegende Eis aus, das dadurch schmilzt und eine flüssige "Gleitschicht" bildet. Der Druck in Getränkeflaschen ist allerdings nicht groß genug, um Eis bei den im Eisfach herrschenden Temperaturen zu schmelzen, so dass dieser Effekt hier keine Rolle spielt.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.