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Wie funktioniert eine Atomuhr?

Wussten Sie, dass die Sekundenzeiger der Bahnhofsuhren der Zeit immer ein wenig voraus sind? Am Ende einer jeden Runde um das Zifferblatt verharren sie einen Moment und warten auf das Signal der Atomuhr. Die steht bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig, wo sich Andreas Bauch die Zeit nahm, uns die Atomuhr zu erklären.

Im Prinzip besteht jede Uhr aus zwei Teilen: einem Taktgeber (Pendel und Unruh oder die Biegeschwingung eines Quarzkristalls) und einem Zählwerk, das die Taktimpulse zählt und ihre Anzahl zur Anzeige bringt.

Das Besondere einer Atomuhr liegt darin, dass einzelne, freie Atome den Takt angeben. Dabei nutzt man den Umstand, dass den allermeisten physikalischen Theorien zufolge die Energieniveaus der Elektronen von Atomen Naturkonstanten sind. Bei dem Wechsel zwischen zwei Energiezuständen wird elektromagnetische Strahlung absorbiert oder emittiert, deren Frequenz proportional zur Energiedifferenz beider Zustände ist.

Die Idee, ein Vielfaches der Periodendauer einer solchen Strahlung als Zeiteinheit festzulegen, wurde erstmals in den 1940er Jahren geäußert. Mitte der 1950er Jahre funktionierte die erste Zäsium-Atomuhr im Labor, ein paar Jahre später konnte man sie auch kaufen. Atomuhren lassen sich mit verschiedenen Elementen realisieren. Das 133Cs-Isotop erwies sich als besonders geeignet, weil es mit vergleichsweise einfachen Mitteln die Realisierung einer stabilen und genauen Uhr erlaubt. Daher wird die Zeiteinheit im Internationalen Einheitensystem SI seit 1967 von diesem Isotop abgeleitet.

Und so funktioniert eine Zäsium-Atomuhr: Zunächst wird Zäsium in einem Ofen verdampft und in einem Vakuumtank zu einem Atomstrahl gebündelt. Die Atome befinden sich dann in einem der beiden tiefstmöglichen Energiezustände, die das Zäsium einnehmen kann.

Anschließend werden die Atome magnetisch sortiert, so dass nur eine Sorte in einen so genannten Hohlraumresonator gelangt. Hier herrscht ein magnetisches Mikrowellenfeld, in dem die Atome mit gewisser Wahrscheinlichkeit ihren Zustand wechseln. Die Atome, die ihren Zustand gewechselt haben, werden registriert. Ihre Anzahl hängt von der Frequenz des Mikrowellenfelds ab. Sie wird so eingestellt, dass möglichst viele Atome registriert werden. Unter dieser Bedingung ist eine Sekunde nach genau 9 192 631 770 Perioden des Mikrowellenfelds verstrichen.

Exakt heißt es: "Die Sekunde ist das 9 192 631 770-Fache der Periodendauer der dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustands von Atomen des Nuklids 133Cs entsprechenden Strahlung."

Jährlich werden heute weltweit etwa 200 Zäsiumuhren produziert. Die besten realisieren die "absolute" Sekunde mit einer Unsicherheit von wenigen 10-13 Sekunden. Sie werden in den Bereichen Navigation, Geodäsie, Raumfahrt, Telekommunikation und Metrologie eingesetzt.

In einigen Zeitinstituten wie der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig entstanden in den letzten Jahrzehnten so genannte primäre Uhren mit überlegenen Eigenschaften. Die gegenwärtig genauesten verwenden Laser gekühlte Atome und erreichen eine Unsicherheit von nur 10-15 Sekunden. Bis eine solche Uhr eine Sekunde falsch geht, müssen also rund 31 Millionen Jahre vergehen.

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