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Selbstbild: Wie gut kennen wir unsere Talente?

Die einen überschätzen ihre Fähigkeiten, die anderen unterschätzen sie. Der Blick von außen kann helfen. Aber auch die Mitmenschen sehen nicht immer klar.
Junge Frau auf einem Skateboard, die am rechten Fuß einen Turnschuh und am linken Fuß einen Ballettschuh trägt.

Wo liegen meine Stärken und Schwächen? Das hat sich jeder schon einmal gefragt. Wenn es etwa um die Berufswahl geht, können Fehleinschätzungen in dieser Sache dazu beitragen, dass man aufs falsche Pferd setzt und in einem Job landet, der einen regelmäßig über- oder unterfordert. Doch wie gut erkennen wir unsere Talente eigentlich selbst? Und was kann uns bei dieser Frage sonst noch weiterhelfen?

In der Psychologie gilt eine Person dort als besonders begabt, wo sie, wenn sie ausreichend lernt oder übt, überdurchschnittliche Leistungen erbringt. Das kann viele Felder betreffen, etwa das mathematische, sprachliche oder künstlerisch-kreative. In jedem Fall bedarf es, um eine Begabung halbwegs sicher feststellen zu können, einer Art objektives Kriterium, etwas des Resultats eines Intelligenztests oder der Beurteilung durch versierte Expertinnen oder Experten.

Zu der Frage, wie gut wir die eigenen Potenziale einschätzen können, gibt es inzwischen zahlreiche Studien. Ihr Fazit: Für wie begabt sich Menschen halten, hat oft wenig damit zu tun, wie gut sie sich auf dem betreffenden Gebiet bewähren. Wer sich etwa als besonders intelligent betrachtet, schneidet nicht notwendigerweise auch im Intelligenztest gut ab. Insgesamt scheint es so, als wür­­den wir unsere Fähigkeiten grundsätzlich eher ein wenig überschätzen. Ein gewisser Anteil von Personen neigt umgekehrt dazu, sich selbst zu unterschätzen.

Wie solche Fehlurteile im Einzelnen entstehen, ist schwer zu sagen; hier kommen sicher mehrere Faktoren zusammen. Allerdings deuten verschiedene Arbeiten auf einen Weg hin, wie wir unsere tatsächlichen Talente besser aufspüren können: Wir sollten schlicht andere Menschen fragen!

Lehrkräfte können die Begabungen ihrer Schülerinnen und Schüler relativ gut abschätzen

Damit fremdes Feedback hilfreich ist, sollten die, die es uns geben, uns einerseits gut kennen, andererseits aber nicht voreingenommen sein. So hat sich gezeigt, dass Lehrkräfte die Begabungen ihrer Schüler und Schülerinnen relativ gut abschätzen können. Zum Glück gibt es genauso im späteren Alter viele Personen in unserem Umfeld, die wir getrost um Rat bitten können. Sowohl Partner als auch gute Freunde können wichtige Einblicke in die Begabungen von Erwachsenen liefern. Entferntere Bekannte wie Arbeits- oder Studienkollegen treffen dagegen seltener ins Schwarze.

Wenn wir die richtigen Leute fragen, kann uns Feedback also ein klareres Selbstbild verschaffen. Mitunter ist jedoch der Blick von außen getrübt. So hegen manche Lehrkräfte ein allzu positives Bild ihrer Schützlinge. Auch enge Vertraute können uns manchmal durch die rosarote Brille betrachten oder davor zurückscheuen, uns ihre unverblümte Einschätzung mitzuteilen.

Obwohl fremdes Feedback demnach oft aufschlussreich ist, sollten wir es nicht immer für bare Münze nehmen. Im Zweifel hilft am besten eine professionelle Begabungsanalyse durch einen Psychologen oder eine Psychologin.

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  • Quellen

Neubauer, A. C.: Mach, was du kannst. Warum wir unseren Begabungen folgen sollten – und nicht nur unseren Interessen. DVA, 2018

Neubauer, A. C., Hofer, G.: Self- and other-estimates of intelligence. In: Sternberg, R. J. (Hg.): The Cambridge handbook of intelligence. Cambridge UP, 2. Auflage 2020, S. 1179–1200

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