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COP30: Keine Butter bei die Fische

Geld und Fossil-Ausstieg: Auf der Klimakonferenz sollten die Staaten liefern. Die Ergebnisse sind ernüchternd – aber es hätte noch schlimmer kommen können, kommentiert Lars Fischer.
Eine große Skulptur mit der Aufschrift "#COP30" steht vor einem beleuchteten Gebäude, das für die UN-Klimakonferenz 2025 in Brasilien, Amazonas, vorbereitet ist. Auf dem Gebäude sind die Logos der Vereinten Nationen und der Konferenz sichtbar. Menschen gehen an der Szenerie vorbei. Der Himmel ist bewölkt, und die Umgebung ist in warmen Farben beleuchtet.
Von Anfang an war klar, dass die Verhandlungen in Belém schwierig werden würden. Am Ende sind alle erleichtert, dass es überhaupt ein Ergebnis gibt.

Die COP30 in Belém werde »COP der Wahrheit«, hatte der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva im Vorfeld der Klimakonferenz angekündigt. Und das hat sich auch bestätigt, wenn auch anders als erhofft. Schon im Vorfeld hatte UN-Generalsekretär António Guterres das 1,5-Grad-Ziel quasi offiziell begraben. Mehrere Länder blockierten ein zentrales Vorhaben, und schließlich versank die Verabschiedung der Abschlusserklärung im Chaos. Die mühseligen Verhandlungen in Brasilien haben demonstriert, wo die Grenzen des globalen Konsenses beim Klimaschutz sind. Bei grundsätzlichen Plänen und Zusagen finden die Staaten sich zusammen, doch je mehr es darum geht, zu liefern, desto größer werden die Differenzen.

Das prominenteste Beispiel ist der 2023 erstmals diskutierte Fahrplan für einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Eine Koalition aus Erdöl produzierenden Staaten verhinderte erfolgreich, dass fossile Brennstoffe auch nur im Abschlussdokument auftauchen. Es sind aber nicht nur die üblichen Verdächtigen, die bremsen. Wenn es um Geld geht, stellt sich auch die EU quer, die sich sonst gern als Klima-Vorreiterin präsentiert. Nichtregierungsorganisationen machen sie dafür verantwortlich, dass die versprochenen Klimaanpassungshilfen der reichen Industriestaaten an Länder des Globalen Südens geringer sind und später kommen als erhofft.

Und auch beim Kernpunkt des internationalen Klimaschutzkonsenses, den jedes Jahr erneuerten Klimazielen der Staaten, hakt es derzeit. In vielen Ländern ist das, was einfach umzusetzen war, bereits umgesetzt, und schwierigere Maßnahmen kollidieren mit der Sorge um die wirtschaftliche Entwicklung. Neue Ziele lieferte dieses Jahr nur ein Teil der Staaten ab. Im Abschlussdokument ruft sich die Staatengemeinschaft nun auf, zumindest das bisher Vorgelegte umzusetzen – auch das ist keineswegs gewiss – und möglichst nachzulegen.

Schlaflos in Belém

Entsprechend enttäuscht waren viele Länder über die Ergebnisse – so sehr, dass die Konferenz beinahe scheiterte. Diverse Länder protestierten heftig, als der brasilianische Konferenzpräsident André Correa do Lago die Abschlusserklärung verabschiedete, ohne die Einwände mehrerer Staaten anzuhören. Er habe deren Wortmeldungen nicht bemerkt, erklärte er kleinlaut, bevor er die Sitzung unterbrach. Erst nach längeren Gesprächen akzeptierten die protestierenden Delegationen das Ergebnis. Correa do Lago erklärte den Eklat mit seinem »fortgeschrittenen Alter« und damit, dass er nicht geschlafen habe. Der Verdacht liegt allerdings nahe, dass die brasilianische Konferenzleitung das prekäre Paket nicht noch einmal aufschnüren wollte.

Symptomatisch für die enttäuschenden Ergebnisse ist, dass es nicht einmal das eigentlich naheliegende und vom Gastgeberland Brasilien vorangetriebene Thema Regenwald in nennenswertem Maß in das Abschlussdokument schaffte. Der Versuch, einen Fahrplan für das Ende des globalen Regenwaldverlustes in den zentralen Vereinbarungen der COP30 zu verankern, scheiterte gemeinsam mit dem Fahrplan für den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen. Fachleute vermuten, dass einflussreiche brasilianische Industrieverbände, zum Beispiel aus Bergbau und Fleischwirtschaft, ein stärkeres Bekenntnis zum Waldschutz verhinderten.

Es ist einfach, angesichts solcher Blockaden und des verfehlten 1,5-Grad-Ziels zynisch zu werden. Allerdings sind auch die schlimmsten Szenarien nicht eingetreten. Die gegenwärtigen geopolitischen Verwerfungen haben die COP30 nicht ins Chaos gestürzt. Und trotz des Aufruhrs im Plenum einigten sich die 194 Länder schließlich auf ein Abschlussdokument. Man muss sich immer wieder mal ins Gedächtnis rufen, wie bemerkenswert das ist, ebenso wie die bloße Existenz der globalen Klimakonferenzen in dieser Form.

Im Windschatten der aktuellen Streitpunkte kommen vor nicht allzu langer Zeit hart umkämpfte Vorhaben voran. Der noch vor drei Jahren heftig umstrittene Fonds für Loss and Damage, in den reiche Industrieländer einzahlen, um ärmere Staaten für Schäden durch den Klimawandel zu entschädigen, wird im kommenden Jahr seine Arbeit aufnehmen. Die Staaten verabschiedeten einen geplanten Mechanismus, den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft sozial gerecht zu gestalten. Und sogar der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen ist keineswegs erledigt: Rund 90 Staaten planen, sich im April 2026 zusammenzusetzen, um das Thema voranzutreiben. Auch das gehört zur Wahrheit.

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