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Warkus' Welt: Der Streit um das Eigentum

Die Diskussion um die Enteignung von großen Immobilienunternehmen sorgte im Frühjahr 2019 für Zündstoff. Doch wo kommt Eigentum eigentlich her? Philosophen haben dazu unterschiedliche Ansichten.
Eine ganze Stadt als Speicher

Ab dem 6. April 2019 wurden in Berlin Unterschriften für ein Volksbegehren zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen gesammelt. Am 2. Mai druckte »Die Zeit« ein mittlerweile hinlänglich bekanntes Interview mit dem Juso-Bundesvorsitzenden Kevin Kühnert, in dem dieser für die Kollektivierung von Wohneigentum und Großunternehmen plädierte. Doch was verbirgt sich unter philosophischen Gesichtspunkten überhaupt hinter dem Begriff des Eigentums?

Wer in Lexikonartikel zu dem Thema schaut, stellt fest, dass bereits die Frage danach umstritten ist, ob Eigentum überhaupt ein philosophisches Thema ist oder nicht schlicht eine reine Sache der gesellschaftlichen Praxis und damit der Sozial-, Politik- oder Rechtswissenschaft. Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass die Klassiker der politischen Philosophie sich eigentlich alle mit dem Begriff des Eigentums auseinandergesetzt haben. Auch die nichtphilosophische Diskussion dazu ist daher tief durch die Geschichte der philosophischen Kontroversen geprägt. So haben sich die Begriffe von Eigentum und Besitz im deutschen Zivilrecht etwa in der Auseinandersetzung mit der Rechtsphilosophie des Deutschen Idealismus entwickelt. Insbesondere Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831) hat mitgeholfen, diesen Unterschied zu prägen.

Als einigermaßen akzeptiert kann gelten, dass Eigentum stets etwas mit Regelungen innerhalb von Staaten oder anderen Gemeinschaften zu tun hat, die bestimmen, wie Menschen (einzeln oder als Gruppen) über Güter verfügen dürfen. Es gibt heute einen überwältigenden Konsens, dass ein solches Gut nie ein Mensch sein kann, da kein Mensch jemand anderem gehört als sich selbst. Das ist weltgeschichtlich betrachtet allerdings eine eher junge Ansicht, da das letzte Land die legale Sklaverei erst 1981 abgeschafft hat. In der Antike spielten Sklaven bei Überlegungen zum Eigentum keine geringe Rolle.

Wie man herrenloses Land in Besitz nimmt

Im Zentrum der Diskussion steht seit jeher die Frage, ob und wie sich Privateigentum rechtfertigen lässt – also der weitgehend selbstbestimmte Umgang von Einzelpersonen mit den unterschiedlichsten Gütern (darunter Grund und Boden, Wohnstätten Dritter, Rohstoffe, Produktionsbetriebe). Das ist insbesondere deshalb von Gewicht, weil viele Güter in der Gesellschaft ungleich verteilt sind. Zumindest in der klassischen Literatur wird häufig eine bestimmte Geschichte dazu erzählt, wie es theoretisch überhaupt zu Eigentum kommen konnte. Im Fokus steht dabei meist das Grundeigentum, da dies vor der Industrialisierung die mit Abstand wichtigste Form von Eigentum darstellte.

So taucht immer wieder die Figur des Siedlers auf, der »herrenloses« Land in seinen Besitz bringt – indem er es umzäunt oder in anderer Weise markiert und/oder indem er es landwirtschaftlich nutzt. Philosophen bewerten diesen Vorgang durchaus unterschiedlich: John Locke sieht die Aneignung 1689 als völlig gerechtfertigt, solange dabei niemand zu Schaden kommt und durch die Arbeit des neuen Eigentümers produktiver Nutzen erwirtschaftet wird, während Jean-Jacques Rousseau 1755 im ersten Einzäunen eines Stücks Land den Beginn von Unrecht und Ungleichheit sieht. Eine leidenschaftslose Position vertritt David Hume 1739, der Eigentum seit jeher als durch Zufall und Gewalt durcheinandergeworfen betrachtet – ihm zufolge kann man auf wenig Besseres hoffen als darauf, dass sich irgendeine Form von Verteilung aus pragmatischen Gründen stabilisiert, damit die einzelnen Bürger sich mit anderem beschäftigen können als damit, sich gegenseitig ihr zufällig Erworbenes wieder abspenstig zu machen.

In der heutigen medialen Diskussion um Enteignungen kann man verschiedene Versatzstücke klassischer Positionen wiederfinden. Während die einen grundsätzliches Unheil im Privateigentum oberhalb einer bestimmten Grenze sehen, befürchten die anderen, dass allein durch die Infragestellung irgendwelcher Eigentumsrechte ein so großes Chaos eintreten könnte, dass hinterher alle Bürger schlechter dastehen. Was die Philosophie uns vor allem lehren kann, ist, dass es in der Eigentumsfrage keine Selbstverständlichkeiten gibt. Alle Eigentumsverhältnisse sind Menschenwerk und lassen sich daraufhin befragen, wodurch sie gerechtfertigt sind; nichts an ihnen ist natürlich oder gottgegeben.

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