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Hirschhausens Hirnschmalz: Ein Bär ist ein Bär ist ein Bär

Eckart von Hirschhausen

Auf Jahrmärkten gibt es immer wieder tragikomische Duos zu beobachten: erwachsene Männer, die einen überdimensionierten rosa Plüschteddy mit sich herumtragen. In ihrem Gesicht ist in wechselnden Anteilen Stolz, Scham oder Genervtheit zu beobachten – je nachdem, wie lange sie das Ding schon schleppen. Denn zunächst war dieser Mann ein Held. Er hatte an der Schießbude gezeigt, was für ein zielstrebiger Typ er ist, wie kaltblütig er Tonröhrchen aus zwei Metern Entfernung erlegt, ohne sich vom Lärm der Fahrgeschäfte ablenken zu lassen. Dann zerspringt das letzte Röhrchen, und der Draufgänger bekommt seinen verdienten Lohn: freie Auswahl! Erst in diesem Moment wird ihm klar, dass nichts von dem billigen Ramsch sein Heldentum angemessen zum Ausdruck bringt. Um dennoch das weibliche Geschlecht zu beeindrucken, bringt er, wenn schon keinen echten erlegten Bären, wenigstens einen zum Kuscheln nach Hause.

Aber wer will einen Mann mit Plüschtier? Oder eine Freundin, die sich nachts noch an einen Teddy klammert? Haben die nicht alle einen an der Waffel, genauer gesagt, haben die nicht Bindungsprobleme und sind emotional unreif? Schottische Wissenschaftler haben sich dieser drängenden Frage in einer Studie angenommen. Die erste Überraschung: Fast zwei Drittel der befragten Studierenden gaben an, einen knopfäugigen Flauschfreund zu haben, darunter erwartungsgemäß mehr Mädels als Jungs. Wer weiß, vielleicht haben sich die Frauen einfach nicht getraut, das Ding wegzuschmeißen, das der Typ von der Kirmes mitbrachte – trösten damit also nicht sich, sondern ihn.

Psychotest

Ihr Kuscheltier ist aus ...?

  1. A) Kindheitstagen
  2. B) einer früheren Beziehung
  3. C) China
  4. D) Latex

Die zweite große Überraschung: Obwohl die Forscher eine ganze Batterie von Tests etwa zum Bindungsverhalten, zur sozialen Angepasstheit und zu Konfliktlösungsstrategien abfragten, ­fanden sie keinen signifikanten Unterschied ­zwischen Stofftierbesitzern und den übrigen ­Befragten. Sogar die Herzfrequenzvariabilität als Marker für den persönlichen Stresslevel war identisch. Eine Schwäche der Studie ist aber, dass nicht direkt getestet wurde, was der Puls macht, wenn man jemandem seinen Teddy wegnimmt.

Wie immer räumen die Forscher ein, dass "weitere Untersuchungen" nötig seien. Zum Beispiel: Sind jene, die lieber mit einem Lamm als mit einem Löwen kuscheln, verträglicher? Nehmen Vegetarier nachts dann doch Tiere zu sich? Und warum gibt es keine Bäume aus Plüsch zum Umarmen? Die Küchen- und Schlafzimmerpsychologie war vor dieser Studie vollkommen eindeutig. Wer kokelt, macht ins Bett. Und wer Kuscheltiere braucht, ist in seiner psychologi­schen Entwicklung hängen geblieben. Doch offenbar ist ein Bär kein Indikator für un­bewältigte Traumata. Sondern eher für ein kindliches Gemüt, das sich eine spielerische Haltung dem ­Leben gegenüber bewahrt. Oder wie Forrest Gump sagte: "Wer ich mal sein werde? Werde ich später nicht mehr ich sein?"

Manchmal ist ein Bär eben nur ein Bär. Gut, dass es solche Studien gibt, die dem voreiligen Alltagspsychologen in uns die Augen öffnen. Denn nicht alles im Leben ist so klar wie etwa ­dieses: Richtig einen an der Waffel haben doch wohl Frauen, die Katzen lieben!

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